Montag, 3. Oktober 2016

Das Orakel von Delphi



Verlag: H@LL Games / Pegasus
Autor: Stefan Feld
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 60 - 100 Minuten


Einleitung:

Göttervater Zeus hat gute Laune und lädt einen Sterblichen zu einem Besuch in den Olymp ein. Doch um sich würdig zu erweisen, muss Derjenige zunächst zwölf Aufgaben erfüllen. Da jedoch mehrere Protagonisten auf einen Olymp-Besuch scharf sind, darf nur der Spieler eintreten, der die Aufträge als Erster gemeistert hat.

Ablauf:

Zunächst wird der variable Spielplan aus zwölf Spielplanteilen zusammengelegt. Dabei ist zu beachten, dass die sechs Stadtteile in ungefähr regelmäßigen Abständen von außen angelegt werden. Nun wird das Spielfeld mit Opfergaben, Tempeln, Monstern und Statuen bestückt. Auf Inselfelder mit farbigem Rahmen werden verdeckte Inselplättchen gelegt. Gunstplättchen, Orakelkarten, Wundenkarten, Begleiterkarten und Ausrüstungskarten werden neben dem Spielplan bereitgelegt. Von den Ausrüstungskarten werden sechs Stück aufgedeckt. Jeder Spieler erhält ein Spielertableau, das mit zwölf Zeusplättchen (=Aufgaben), einem Schild, einigen Gunstplättchen, drei Kultstätten und sechs verschiedenen Göttern vervollständigt wird. Alle Spieler starten mit ihrem Schiff auf dem Untiefen-Feld mit der Zeus-Figur. Die Spieler ziehen eine Wundenkarte und schieben den entsprechenden Gott (in der Farbe der Karte) ein Feld nach oben.

Das Orakel von Delphi verläuft über eine unbestimmte Anzahl an Runden, die in drei Phasen unterteilt sind. In der ersten Phase überprüfen die Spieler ihre Wundenkarten. Hat ein Spieler drei gleiche oder sechs beliebige Wundenkarten, muss er eine Erholungsrunde einlegen (=aussetzen). Dafür gibt er drei beliebige Wundenkarten ab. Beginnt ein Spieler seinen Zug ohne jegliche Wundenkarte, erhält er eine Belohnung (zwei Gunstplättchen oder einen Gott hochrücken). Es folgt die Aktionsphase, in der den Spielern mehrere Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Farbenunabhängig kann der Spieler für einen Würfel eine Orakelkarte oder zwei Gunstplättchen nehmen oder zwei Inselplättchen ansehen. Alle anderen Optionen hängen von der Farbe des verwendeten Würfels ab.

  • Gott hochrücken
  • Alle Wundenkarten der entsprechenden Würfelfarbe ablegen
  • Mit dem Schiff bis zu drei Wasserfelder fahren
  • Monster bekämpfen
  • Insel entdecken
  • Kultstätte bauen
  • Opfergabe aufladen
  • Opfergabe liefern
  • Statue aufladen
  • Statue errichten

Um die Aktion ausführen zu können muss das Schiff des Spielers neben einem passenden Inselfeld stehen. Gunstplättchen verlängern die Fahrt des Schiffs, können zur Farbveränderung genutzt werden und helfen bei der Bekämpfung eines Monsters. Pro Zug darf maximal eine Orakelkarte verwendet werden, was einer Zusatzaktion entspricht. Da jeder Spieler pro Spielzug nur drei Würfel hat, können somit inklusive einer etwaigen Zusatzoption maximal vier Aktionen ausgeführt werden.

Das Spiel endet, sobald ein Spieler alle seine Aufgaben erfüllt hat und zum Zeusfigur-Ausgangsfeld zurückgekehrt ist. Die Runde wird dann noch zu Ende gespielt. Steht nur ein Spieler auf dem Zielfeld, hat er das Spiel gewonnen. Bei mehreren Spielern im Ziel gewinnt der Spieler mit mehr Orakelkarten bzw. mehr Gunstplättchen.

Meinung:

Zusammen mit Uwe Rosenberg bildet Stefan Feld seit Jahren die Autoren-Speerspitze der deutschen Vielspieler Szene. Dementsprechend hoch sind die Erwartungen an eine Veröffentlichung von diesen Koryphäen, und ob diese Ansprüche erfüllt werden, beleuchten wir in diesem Meinungsblock.

Das Orakel von Delphi ist kein typischer „Feld“. Vom Maestro ist man eigentlich hochkomplexes Punktesammeln gewohnt, aber Delphi beschreitet mit dem Ziel der Aufgabenerfüllung einen anderen Weg. Dabei hat das Spiel durchaus viele Regeln, ohne aber kompliziert zu sein. Bereits nach wenigen Runden sind die Mechanismen verinnerlicht, und bereiten erfahrenen Vielspielern keine Probleme, zumal auch die Symbolik der Aktionsmöglichkeiten hervorragend dargestellt ist. Ohne jetzt spoilern zu wollen empfiehlt sich nach Möglichkeit am Anfang das Entdecken von Inselplättchen, um einerseits die dazugehörige Belohnung einzustreichen und andererseits einen Überblick über die geografische Lage zu bekommen. Dieser Überblick erleichtert die Planung der Schifffahrt, auf der man möglichst sinnvoll Opfergaben bzw. Statuen an Bord nimmt. Und eine gut geplante Route verringert die benötigten Aktionszahlen, was natürlich die Effizienz steigert.

Bleiben wir erstmal bei der Taktik und betrachten wir die verschiedenen Göttergünste, die zu einem beliebigen Zeitpunkt verwendet werden können, sobald der Göttermarker die oberste Zeile erreicht hat. Die mächtigsten Zusatzaktionen bieten wahrscheinlich Poseidon, Ares und Apollon. Diese Götter erlauben das Versetzen des eigenen Schiffs auf ein beliebiges Wasserfeld, einen Sieg über ein Monster ohne würfeln zu müssen und das Nehmen einer Orakelkarte plus Farbneutralität aller Würfel in diesem Zug. Zum richtigen Zeitpunkt eingesetzt sind diese Boni Gold wert, deshalb sollten die entsprechenden Götter nach Möglichkeit vorrangig nach oben geschoben werden. Unterschiedlich stark sind auch die Ausrüstungskarten, die man für das Besiegen eines Monsters erhält. Die Begleiterkarten sind allesamt mächtig und können den Spielern massiv helfen, deshalb ist ein frühzeitiges Errichten von Statuen definitiv nicht von Nachteil.

Da die meisten Aktionen von den Würfeln abhängen, muss nun auf den Glücksfaktor des Spiels eingegangen werden. Ja, Glück spielt bei dem Orakel von Delphi eine gewisse Rolle, aber der reale Glücksfaktor ist tatsächlich geringer als gefühlt angenommen. Vor allem in der ersten Partie neigen etliche Vielspieler dazu, das Glück höher einzuschätzen als es in der Realität ist. Denn schließlich können die (wichtigen) Gunstplättchen zum Umfärben verwendet werden, und außerdem kann ein vermeintlich unnützer Würfel immer noch für eine Orakelkarte investiert werden, die später eine Zusatzaktion gewährt und sich damit schon „refinanziert“. Also nicht gleich nach der ersten Partie über das Glück bzw. das Pech jammern, sondern einfach öfter spielen und aus den Erfahrungen lernen.

Das Orakel von Delphi ist mit Sicherheit kein Brainburner wie AquaSphere oder Bora Bora, aber mit ebensolcher Sicherheit anspruchsvoller als beispielsweise La Isla. Dieser Tatsache sollten sich die Fans unbedingt bewusst sein, um nicht mit falschen Erwartungen in das Spiel zu gehen. Wer „offen für alles“ ist und dementsprechend erwartungsfrei einsteigt, wird am Orakel von Delphi durchaus großen Spaß haben und auf seine Kosten kommen.

Fazit:

Die (Frau) würde ich nicht von der Bettkante stoßen“ Diesen Spruch hat vermutlich jeder Mann schon mal gehört, und umgekehrt gilt das Gleiche analog für die Damenwelt, die nämlich nicht viel anders tickt als die Herren der Schöpfung, grins. Ähnlich geht es mir mit dem Orakel von Delphi. Das Spiel ist gut bis sehr gut, und ich würde jederzeit in eine Partie einsteigen. Die ganz große Liebe des Lebens ist das Spiel jedoch nicht. Dafür fehlt den meisten Experten der letzte Kick, aber eine Empfehlung ist Delphi selbstverständlich trotzdem wert.

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