Donnerstag, 29. Oktober 2015

Monuments - Wunder der Antike



Verlag: Abacusspiele
Autor: Stefan Risthaus
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 45 - 60 Minuten


Einleitung:

Die Geschichte beweist, dass jede Zivilisation früher oder später untergeht, und von den Glanzzeiten dieser Kulturen zeugen nur noch die Überlieferungen der Geschichtsschreiber. In Monuments errichten die Spieler prächtige Monumente und verfassen gleichzeitig Berichte über die Fortschritte der Bauten. Wer erstellt die imposantesten Gebäude und sichert sich mit umfangreichen Berichten seinen Platz in der Historie der Weltwunder?

Ablauf:

Zunächst wird der Spielplan mit der Wertungs- und Zählleiste in die Mitte gelegt. Die Markierungssteine für den Punktwert der Monumente werden genau wie die Zählsteine der Spieler auf die Startfelder platziert. Nun erhalten alle Spieler ihre Geschichtsschreiber und fünf Karten. Jede Karte zeigt ein Monument und ein bestimmtes Symbol. Die verbliebenen Karten bilden den Nachziehstapel, von dem immer drei Stück offen ausliegen.

Der aktive Spieler muss sich grundsätzlich zwischen einem Monument-Zug oder einem Geschichtsschreiber-Zug entscheiden. In einem Monument-Zug darf der Spieler drei Aktionen ausführen. Folgende Optionen stehen ihm dabei zur Auswahl:

  • eine Karte ziehen
  • ein Monument errichten
  • ein bereits errichtetes Monument erweitern
  • Siegpunkte erwerben

Es gibt kein Handkartenlimit. Monumente können von maximal zwei Spielern errichtet werden. Der erste Spieler muss mindestens zwei Karten des entsprechenden Monuments auslegen, der zweite Spieler mindestens drei Karten. Mittels entsprechender Karten auf der Hand können ausliegende Monumente auch erweitert werden. Siegpunkte erwerben die Spieler durch den Abwurf zweier beliebiger Monument-Karten mit demselben Symbol. Der Spieler erhält dann einen Siegpunkt für jede Karte in seiner Auslage, die das gleiche Symbol zeigt wie das abgeworfene Kartenpaar. Durch den Abwurf von zwei identischen Symbol-Karten kann der Spieler außerdem eine zusätzliche Aktion kaufen.

Setzt der aktive Spieler einen Geschichtsschreiber ein, klaut er seinen Mitstreitern die oberste Karte von jeder Monumentauslage, die aus mehr als einer Karte besteht. Jede gestohlene Karte ist einen Siegpunkt wert. Dafür rückt auf der Wertungsleiste der Marker des entsprechenden Monuments ein Feld vor und steigert damit den Wert des Gebäudes.

Das Spiel endet, wenn die offen ausliegenden Karten des Nachziehstapels nicht mehr auf 3 ergänzt werden können. Dann erfolgt die Wertung der Monumente. Die beiden Spieler mit den meisten ausliegenden Karten eines Monuments erhalten Siegpunkte gemäß der Position der Wertungsmarker. Weitere Punkte werden für die eingesetzten Geschichtsschreiber vergeben. Der Spieler mit den meisten Siegpunkten hat dann gewonnen.

Meinung:

Monuments ist kein besonders komplexes Spiel, aber dennoch bieten die Mechanismen eine gewisse Tiefe, die das Ganze zu einer richtig guten Veröffentlichung macht. Bereits zu Beginn einer Partie kristallisieren sich oftmals zwei unterschiedliche Philosophien heraus: entweder ein Spieler setzt von Anfang an auf viele unterschiedliche Monumente mit wenigen Auslage-Karten, oder ein Spieler sammelt zunächst mehrere Karten eines Monument-Typs, um sich möglichst früh die mutmaßliche Mehrheit zu sichern. Beide Strategien können zum Sieg führen, wobei die Sammler unbedingt aufpassen müssen, dass nicht zwei Konkurrenten vorher das angepeilte Monument errichten. Denn nach zwei Baumeistern ist das Monument gesperrt, und dann sind die gesammelten Karten dieses Typs plötzlich wertlos bzw. können nur noch zum Kauf weiterer Aktionen oder Siegpunkten verwendet werden. Die empfehlenswertere Alternative ist somit der frühzeitige Bau verschiedener Monumente, denn ausgebaut werden können diese später immer noch. Bei der Auslage einer Kartenreihe (Monumentbau) sollte übrigens die höchste Karte als erstes gelegt werden, denn bei einem späteren Gleichstand zählt immer die wertvollste Karte als Tiebreaker. Und als erste Karte kann sie unmöglich geklaut werden. Oftmals reicht sogar eine einzelne Karte, um bei der Mehrheitswertung dabei zu sein. Das hängt natürlich ganz von den Mitspielern und deren Einsatz ihrer Geschichtsschreiber ab.

Und der Einsatz dieser Geschichtsschreiber ist ungeheuer wichtig und sollte strategisch gut überlegt sein. Je später die Geschichtsschreiber eingesetzt werden, desto wahrscheinlicher ist eine große Diebesbeute, aber gleichzeitig erhöhen die Schreiber ja die Wertigkeit der Monumente. Und jede Wertigkeitserhöhung spielt den Konkurrenten gegebenenfalls in die Karten. Ein optimales Timing ist also das A und O des Geschichtsschreiber-Einsatzes. Die perfekte Konstellation ist selbstverständlich eine große Diebesausbeute und gleichzeitig das Erhöhen der Monumentwerte, bei denen man selbst mitbaut. Im Übrigen erhält der Spieler mit der höchsten Geschichtsschreiber-Wertung noch Bonuspunkte am Ende des Spiels, was auch nicht zu verachten ist. Aber auf keinen Fall sollte man mit dem Einsatz der Schreiber zu lange warten, denn ruckzuck ist das Spiel zu Ende und ein Spieler konnte seine Geschichtsschreiber nicht einsetzen. Das wird teuer, denn jeder nicht verwendete Schreiber kostet zwölf Minuspunkte, und ein solcher Malus kann in der Regel nicht mehr kompensiert werden.

Das Abwerfen von zwei gleichen Symbol-Karten zur Gewinnung von Siegpunkten lohnt sich meistens erst relativ spät, wenn bereits einige Karten als Monument-Bau ausliegen. Dann rechnet sich diese Aktion aber durchaus, zumal das Spiel bei gleich starken Spielern oftmals relativ eng ausgeht. Zweifellos gibt es einen gewissen Glücksfaktor bei Monuments, aber dieser bezieht sich ausschließlich auf das Ziehen der Karten, bzw. was gerade offen ausliegt. Ansonsten dominieren Taktik und Strategie das Geschehen. Da das Grundprinzip aber wie gesagt ziemlich einfach ist, eignet sich Monuments sowohl für Vielspieler als auch für Gelegenheitsspieler und ansatzweise sogar für Familien. Die Altersempfehlung von 8 bzw. 10 Jahren (unterschiedliche Angaben in der Anleitung und der Schachtel) ist vielleicht ein bisschen optimistisch ausgefallen. Um spielerisch mithalten zu können sollten die Protagonisten zumindest ein bisschen taktisches Verständnis haben, was bei Acht- bis Zehnjährigen normalerweise nicht so ausgeprägt ist.

Spaß macht Monuments aber jedem Spielertyp. Sowohl die Mechanismen als auch die etwas raue Optik verbreiten Spielspaß, deshalb kann Monuments unter dem Strich auch sicherlich weiterempfohlen werden.

Fazit:

Monuments ist definitiv kein Überflieger wie Terra Mystica oder Russian Railroads, aber diesen Anspruch hat das Spiel auch gar nicht. Monuments möchte mit eingängiger Spieltiefe unterhalten, und das gelingt dem Spiel allemal. Obwohl das Spiel schon sieben Jahre auf dem Buckel hat, ist kein Verschleiß zu erkennen. Monuments ist somit nach wie vor ein gutes Spiel, das einen genaueren Blick sicherlich wert ist.

Donnerstag, 22. Oktober 2015

Die Portale von Molthar



Verlag: Amigo
Autor: Johannes Schmidhauer-König
Spieleranzahl: 2 - 5
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 45 Minuten


Einleitung:

In Die Portale von Molthar betreten zwei bis fünf wagemutige Abenteurer die fantastische Welt von Molthar. Um erfolgreich gegen die dunklen Mächte der Finsternis bestehen zu können, stärken die Spieler ihre Macht und binden mystische Wesen an sich. Wer aktiviert mittels magischer Perlenkarten die besten Charaktere und gewinnt das Spiel mit zwölf oder mehr Machtpunkten?

Ablauf:

Zunächst werden die Perlen- und Charakterkarten gemischt und als verdeckte Stapel bereitgelegt. Anschließend werden vier Perlenkarten und zwei Charakterkarten offen ausgelegt. Last not least erhält jeder Spieler ein Spielerportal, und schon kann es losgehen.

In seinem Zug stehen dem aktiven Spieler drei Aktionsmöglichkeiten von den folgenden vier Optionen zur Verfügung:

  • Eine Perlenkarte auf die Hand nehmen
  • Alle vier offenen Perlenkarten entfernen und ersetzen
  • Eine Charakterkarte auf sein Portal legen
  • Einen Charakter aktivieren

Alle genommenen Perlenkarten und/oder Charakterkarten werden sofort durch die oberste Karte des jeweiligen Nachziehstapels ersetzt. Anstatt einer Karte von der Auslage kann der Spieler auch die oberste Karte vom Nachziehstapel an sich nehmen. Charakterkarten zeigen im oberen Bereich eine bestimmte Kartenkonstellation, die zur Aktivierung des Charakters abgegeben werden muss. Eine aktivierte Charakterkarte wird um 90 Grad gedreht und rechts neben das Spielerportal gelegt. Nun zeigt der obere Bereich eine goldene Zahl, welche entsprechend viele Machtpunkte repräsentiert. Außerdem bieten viele aktivierte Charakterkarten diverse Vorteile, die entweder dauerhaft gelten oder einmalig beim Aktivieren zum Einsatz kommen. Beispielsweise erhöht sich dadurch das Handkartenlimit eines Spielers, der Spieler hat ab sofort eine zusätzliche Aktion pro Zug, 3er-Perlenkarten auf der Hand können bei jeder Aktivierung jeden Wert von 1 bis 8 annehmen usw.

Sobald ein Spieler zwölf oder mehr Machtpunkte erreicht hat, wird die laufende Runde noch zu Ende gespielt. Anschließend ist jeder Spieler noch einmal an der Reihe. Dann ist das Spiel beendet und der Spieler mit den meisten Machtpunkten hat gewonnen.

Meinung:

Der Amigo-Verlag aus Dietzenbach ist allseits bekannt für seine kleinen aber feinen Kartenspiele. Die bekanntesten Veröffentlichungen der Südhessen sind sicherlich Wizard, Bohnanza und 6 nimmt, die allesamt höchstes Ansehen genießen. Mit Die Portale von Molthar erreicht nun ein weiteres Spiel diese illustre Phalanx.

Die Portale von Molthar spricht sowohl Vielspieler als auch Gelegenheitsspieler und sogar Familien an. Der Strategiefaktor liegt sicherlich über dem Glücksfaktor, aber hinsichtlich der offenen Perlen- und Charakterkarten ist Madame Fortuna definitiv mit im Spiel. Bei den Charakterkarten gibt es große Unterschiede in der Wertigkeit. Extrem wertvoll sind die Karten, die zusätzlich zum Machtwert eine weitere Perlenkarte zeigen. Denn diese Karten zählen beim Aktivieren von anderen Charakterkarten als ständige Handkarte mit. Diesbezüglich kommen natürlich verstärkt Erinnerungen an Splendor auf. Aber auch die anderen dauerhaften Fähigkeiten sind mächtig und bieten dem Besitzer enorme Vorteile. Speziell zu Beginn einer Partie dürften sich erfahrene Spieler schnellstmöglich solche Karten sichern, um im weitern Verlauf von den permanenten Vorteilen profitieren zu können. Insofern sollten nach Möglichkeit also wichtige Charakterkarten unbedingt vor den Perlenkarten genommen werden. Denn die Wahrscheinlichkeit, öfters an passende Perlenkarten zu kommen ist relativ hoch, da von diesen Karten schließlich immer vier Stück offen ausliegen.

Im vorherigen Absatz wurde bereits Splendor als vergleichbares Element genannt. Und in der Tat gibt es leichte Ähnlichkeiten hinsichtlich der Mechanismen der beiden Spiele, aber dennoch ist Die Portale von Molthar absolut eigenständig und originell. Hinzu kommt die wichtige Tatsache, dass Molthar ziemlich günstig ist und aufgrund der kleinen Handlichkeit auch überall mit hingenommen werden kann. Außerdem ist die Grafik bzw. Illustration wieder richtig gut geworden, so dass auch das Auge erfreut wird. Das Preis-Leistungsverhältnis ist somit ausgezeichnet, daher kann Die Portale von Molthar auch bedenkenlos und in vollem Umfang weiterempfohlen werden.

Fazit:

Die Portale von Molthar schafft auf Anhieb den Sprung in die Klasse der besten Amigo Kartenspiele. Das Spiel hat eine überschaubare Tiefe und bedient sämtliche Spielertypen. Und was selbstverständlich das Wichtigste ist: das Spiel macht Spaß! In den Testrunden waren die Resonanzen durchweg positiv, und jeder Spieler bescheinigte Molthar großen Spielspaß und einen hohen Wiederspielreiz. Nachdem die Deutsche Meisterschaft von Wizard bereits etabliert und beliebt ist, bleibt zu hoffen, dass es auch eine Turnierserie zu Die Portale von Molthar geben wird. Das Spiel hätte es definitiv verdient und die Turnierspieler würden sich freuen.

Samstag, 17. Oktober 2015

Porta Nigra



Verlag: Eggertspiele / Pegasus
Autor: Michael Kiesling / Wolfgang Kramer
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 60 - 90 Minuten


Einleitung:

Im späten Römischen Reich war Augusta Treverorum – das heutige Trier – eine der größten Städte nördlich der Alpen. Die Residenz der römischen Kaiser beeindruckte die Bürger mit imposanten Bauwerken, unter anderem mit der Porta Nigra (das schwarze Tor). Im gleichnamigen Brettspiel verkörpern die Spieler antike Baumeister, die mit Taktik und geschicktem Timing wertvolle Bauwerksteile der Stadt errichten. Doch die Konkurrenz schläft nicht, und daher sollte jeder Spielzug gut überlegt werden, um die verfügbaren Aktionen optimal einzusetzen.

Ablauf:

Nachdem der Spielplan und die benötigten Utensilien in die Mitte platziert wurden, erhält jeder Spieler eine Spielerablage, seine Baumeisterfigur, drei Aktionsmarker, fünf Römerfiguren der eigenen Farbe, 20 Sesterzen (Münzen) und einen Fackelmarker. Weiterhin nimmt sich jeder Spieler das Aktionskartendeck seiner Farbe, welches er mischt und als verdeckten Nachziehstapel bereitlegt. Von diesem Stapel zieht er die obersten beiden Karten und nimmt sie auf die Hand.

Porta Nigra verläuft spielerabhängig über zwei oder drei Runden. Eine Runde geht so lange, bis alle Spieler ihre Aktionskarten je ein Mal gespielt haben. Jeder Spielzug eines Spielers ist in zwei Phasen aufgeteilt. Zunächst überprüft der Spieler die Anzahl an Bausteinen im Bausteinmarkt, die Anzahl der Bauwerkskarten in der Bauwerkskartenauslage und die Anzahl von Ehrenkarten in der Ehrenkartenauslage. Gegebenenfalls müssen diese Güter entsprechend der Vorgabe aufgefüllt werden. Anschließend beginnt die Aktionsphase des Spielers.

In dieser Phase wählt der Spieler eine Aktionskarte aus seiner Hand und spielt sie aus. Jede Karte zeigt im oberen Bereich mehrere verschiedene Aktionsmöglichkeiten und im unteren Bereich zwei oder drei Fackeln. Die Anzahl der Fackeln gibt vor, wie viel Aktionen der Spieler ausführen darf. Möchte der Spieler mehr Aktionen ausführen als ihm Fackeln zur Verfügung stehen, kann er optional einen Fackelmarker abgeben um eine zusätzliche Aktion durchzuführen. Folgende Aktionsmöglichkeiten stehen den Spielern als Symbol zur Auswahl: einen Baustein kaufen, ein Bauwerksteil bauen, einen Einflusschip nehmen, einen Fackelmarker nehmen und Münzen nehmen.

Um eine oder mehrere Aktionen ausführen zu können, muss die Baumeisterfigur ggf. im Uhrzeigersinn zum entsprechenden Stadtviertel bewegt werden. Der Übergang zwischen den Vierteln kostet jeweils ein Sesterz. Jedes Viertel verfügt über einen Bausteinmarkt einer spezifischen Farbe, außerdem repräsentiert jeder Bereich ein bestimmtes Bauwerk (Amphitheater, Basilika, Stadtmauer, Porta Nigra). Sofern der Spieler ein Bauwerk in einem Viertel errichtet, erhält er sofort die entsprechenden Siegpunkte. Weiterhin kann er unter Umständen zusätzliche Belohnungen bekommen, wenn das errichtete Gebäude einer ausliegenden Bauwerkskarte entspricht. In diesem Fall darf der Spieler die Bauwerkskarte an sich nehmen, die am Spielende weitere Siegpunkte einbringt. Durch die Abgabe von Einflusschips kann der Spieler unabhängig von den eigentlichen Aktionen profitieren, indem er eine Ehrenkarte kauft oder zusätzliche Römerfiguren nimmt. Weiterhin kann er ggf. eine weitere Bauaktion ausführen. Nach jedem Bau eines Gebäudes muss der Spieler eine eigene Römerfigur auf das oberste Stockwerk platzieren, um den Besitz des Gebäudes anzuzeigen.

Am Ende einer Runde erfolgt die Zwischen- oder Endwertung. In einer Zwischenwertung erhalten die Spieler eine frei wählbare Kombination aus Siegpunkten und Sesterzen, basierend auf der Anzahl der Bausteine. In der Endwertung werden Siegpunkte für bestimmte Bauwerksmehrheiten, Bauwerkskarten, Endwertungskarten und verbliebenen Gütern vergeben.  Der Spieler mit den meisten Punkten hat dann gewonnen.

Meinung:

Die Spieleneuheiten der Messe 2015 können sich wahrlich sehen lassen, und Porta Nigra gehört sicherlich zu den Highlights des Jahres. Angesprochen werden in erster Linie Kenner- und Vielspieler, aber auch ambitionierte Gelegenheitsspieler dürften Porta Nigra sehr viel Gefallen abgewinnen. Dies liegt unter anderem an der ausgezeichnet geschriebenen Anleitung, die das Regelwerk perfekt erläutert und keine Fragen offen lässt. Trotz anspruchsvoller Komplexität fällt der Einsteig somit verhältnismäßig leicht, wobei das Spiel im Verlauf einer Partie eine hervorragende Spieltiefe offenbart.

Die Herausforderung des Spiels besteht im Verständnis des Gesamtüberblicks. Der Bau eines kleinen Gebäudes lohnt sich vielleicht nicht originär, aber wenn man durch dieses Errichten eine fehlende Bauwerkskarte bekommt, wird sich das im Endeffekt durchaus rechnen. Schließlich bringt ein Set aus vier unterschiedlichen Bauwerkskarten 20 Siegpunkte, und mehrere Setpunkte sind definitiv nicht zu verachten. Ein noch wichtigerer Siegpunktgarant sind die Mehrheitswertungen in den einzelnen Vierteln. Diesbezüglich sind die Mitspieler genauestens im Auge zu behalten. Tummeln sich in einem Bereich bereits mehrere Konkurrenten, empfiehlt sich meistens ein Ausweichen auf andere Wertungsbereiche. Über das Porta Nigra Viertel können ebenfalls etliche Punkte generiert werden. Aber das ist teuer. Ideal ist ein sechs- bis achtteiliges schwarzes Gebäude und dann farblich absteigend die anderen Bauten. Wer es schafft, in vielen unterschiedlichen Stockwerken die Mehrheit zu erreichen, gewinnt auf diese Weise extrem viele Siegpunkte, welche die Mitspieler nur mit Mühe kompensieren können. Trotzdem gibt es bei Porta Nigra keine gewinnversprechende Extremstrategie und auch keinen Königsweg. In den Testrunden waren eher die Spieler vorne, die sich strategisch breit aufgestellt hatten und in vielen Bereichen gepunktet haben.

Porta Nigra ist ein tolles Spiel mit hervorragend konzipierter Balance. Das Tüfteln an den optimal abgestimmten Aktionen macht einen Heidenspaß und erfreut das Herz eines jeden Vielspielers. Auch die Optik trägt zum ausgezeichneten Gesamtbild bei, für die einmal mehr Michael Menzel federführend ist. So kommt neben dem überragenden Spielspaß auch das Auge auf seine Kosten.

Porta Nigra ist zweifellos ein originelles und eigenständiges Spiel, aber viele Spieler fragen des Öfteren nach Ähnlichkeiten zu anderen Veröffentlichungen. Nun ja … hinsichtlich des Rundlaufs der Baumeisterfigur kommen Assoziationen zu Die Staufer auf, während das Ausspielen der Aktionskarten ein bisschen an Rokoko erinnert. Da es sich hierbei bekanntermaßen um überragende Brettspiele handelt, ist das spielerische Niveau von Porta Nigra entsprechend genial ausgefallen. Das Spiel schreit geradezu nach einer Revanchepartie, in der man eine andere Strategie ausprobieren möchte. Daran ändert auch die relativ lange Spielzeit nichts, deren angegebene 90 Minuten nur von erfahrenen Spielerrunden eingehalten werden. Mit Grüblern am Tisch dauert eine Partie zumeist zwei Stunden, aber das ist schließlich eine favorisierte Dauer von vielen Kennerspielern. Die Zeit vergeht wie im Flug, und zu keiner Sekunde kommt Langeweile auf. Die vielfältige Endwertung sorgt schließlich für die finale Spannung, und am Schluss einer Partie sind sich in der Regel alle Spieler einig, dass Porta Nigra ein richtig geiles Spiel ist, das unglaublich viel Spaß macht.

Fazit:

Wer Spiele wie Die Staufer und Rokoko mag, kann bei Porta Nigra nichts falsch machen. Generell kommen alle Vielspieler durchweg auf ihre Kosten, und in den Testrunden war die Resonanz ausschließlich positiv. Mit drei Tatzen (=anspruchsvoll) ist diese Veröffentlichung aus dem Hause Eggertspiele absolut richtig charakterisiert, und wer ein Fan von solchen Spielen ist, kann mit Sicherheit bedenkenlos zuschlagen.

Dienstag, 13. Oktober 2015

My Village



Verlag: Eggertspiele / Pegasus
Autor: Inka Brand / Markus Brand
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 60 - 90 Minuten


Einleitung:

Mit My Village schlägt das Autorenduo Inka und Markus Brand ein neues Kapitel in der Dorfchronik auf. In dieser Veröffentlichung führt jeder Spieler sein eigenes Dorf zu Ruhm und Ehre, indem er es sukzessive mit unterschiedlichen Anbauten erweitert. Doch wie beim „älteren Bruder“ Village verrinnt auch hier die Zeit unerbittlich, und so sterben immer wieder die Dorfbewohner, die jedoch Voraussetzungen für die Aktivierungen der weißen Banner sind. Nur wer sein Dorf optimal ausbaut und gleichzeitig das Zeitmanagement im Auge behält, wird am Ende als Sieger hervorgehen und einen glorreichen Platz in der My Village Chronik einnehmen.

Ablauf:

Zunächst wird der Zentralplan in die Mitte gelegt und mit der Ratte sowie dem grauen Rattenwürfel bestückt. Anschließend erhält jeder Spieler seinen Dorfplan. Dieser Plan ist in vier Orte und sechs Bereiche untergliedert. Das Oberhaupt jeder Familie startet im Haupthaus und kann in späteren Zügen auf dem Weg weitergezogen werden. Sonstige Orte des Plans sind die Münzscheune für die Geldmarker, die Schule für den Nachwuchs, und der Geschichtenbaum für die Geschichten-Punkte. Die an den beiden Seiten angesiedelten Bereiche unterteilen sich in Religionsbereich, Ratsbereich, Erntebereich, Reisebereich, Handwerksbereich und Marktbereich. Mit Ausnahme des Erntebereichs müssen für alle Berufsbereiche die entsprechenden Dorfbewohner anwesend sein, um die jeweiligen Aktionen ermöglichen/nutzen zu können.

Rund um den Zentralplan werden alle weiteren benötigten Utensilien platziert. Die wichtigsten Materialien sind die unterschiedlichen Karten für die dazugehörigen Berufsbereiche. Folgende Kartenarten liegen aus: Kirchenkarten, Rathauskarten, Versammlungsplatz-Karten, Mönchskarten, Kornfeldkarten, Kundenkarten, Reisekarten und Handwerksgebäude-Karten. Jede Karte besitzt eine dunkel umrandete und eine hell umrandete Seite. Die ausliegenden Karten zeigen die dunkel umrandete Seite. Lediglich die obersten sechs Kundenkarten werden auf die helle Seite gedreht und offen ausgelegt. Abhängig von der Seite zeigen die Karten ein dunkles oder ein helles Banner mit einer Zahl darauf. Das ist der Bannerwert. Weiterhin abgebildet sind die Kosten für die Aktivierung der Karte sowie die dazugehörige Aktion/Belohnung.

Jede Runde My Village besteht aus einer Vorbereitungs- und einer Aktionsphase. In der Vorbereitungsphase legt der Startspieler einen Geschichten-Punkt auf die Handinnenfläche der Startspieler-Hand. Anschließend würfelt er mit allen weißen und schwarzen Würfeln. Die geworfenen Würfelt bilden den Würfel-Pool für die Aktionsphase dieser Runde. Nun wählt der aktive Spieler zwei Würfel aus dem Pool aus und bildet damit seinen Bannerwert. Gegen Abgabe einer Münze kann eine Augenzahl um einen Wert verändert werden. Schwarze Würfel sind Pestwürfel, die jeweils zwei Zeit kosten. Nach der Erstellung des Bannerwerts kann der Spieler ein schwarzes Banner mit diesem bannerwert aktivieren oder mehrere weiße Banner des Dorfs mit diesem Bannerwert. Alternativ kann das schwarze ?-Banner des Dorfs aktiviert werden, um das Oberhaupt einen Schritt auf dem Weg zu bewegen. Je nach Zielposition der Oberhauptfigur erhält der Spieler eine Münze, drei Geschichten-Punkte oder er sichert die Geschichten-Punkte des Geschichtenbaums im Haupthaus. Am Ende zählen nur die gesicherten Punkte als Siegpunkte.

Wenn ein Spieler ein schwarzes Banner einer Karte der allgemeinen Auslage aktiviert, kauft er diese Karte, führt den Effekt aus und legt sie umgedreht mit der hellen Seite an den dazugehörigen Bereich seines Dorfs an. Auf diese Weise erwirbt der Spieler Karten, die später mit den weißen Banners Vorteile bringen. Aktiviert der Spieler ein oder mehrere weiße Banner von Karten seines Dorfs, kann er die dazugehörige Aktion ausführen bzw. die Vorteile erhalten (z.B. Erwerb von Gütern wie Pferd, Pflug etc. oder die Bedienung von Kundenkarten usw.). Durch Aktivierung des schwarzen Banners der Startspieler-Hand erhält der Spieler alle darauf liegenden Geschichten-Punkte und wird Startspieler der nächsten Runde. Mittels Aktivierung des Schulbanners kann der Spieler Nachwuchs in die Schule stellen oder einen ausgebildeten Sprössling von der Schule ins Dorf umschichten (als Nachfolger eines gestorbenen Dorfbewohners).

Last not least wird nun geprüft, ob ein Dorfbewohner stirbt. Überquert der Zeitmarker die Brücke der Zeitleiste, muss der Spieler einen Dorfbewohner sterbe lassen. Tote Dorfbewohner kommen in einen Dorfchronik-Sarg oder in ein anonymes Grab. Abhängig von der Position erhält der Spieler dann ggf. Geschichten-Punkte. Das Spiel endet, sobald eine spielerabhängige Anzahl von Dorfbewohnern gestorben ist. Zum Ende dieser Runde werden sämtliche Bereiche des Dorfs sowie alle erspielten Siegpunkte ausgewertet bzw. addiert. Der Spieler mit den meisten Punkten hat dann gewonnen.

Meinung:

Die erste Frage, die sich die meisten Village-Fans stellen dürften, ist: handelt es sich bei My Village um eine Erweiterung zum Kennerspiel des Jahres 2012 oder ist es ein eigenständiges Spiel mit neuen Mechanismen? Antwort: My Village ist ein eigenständiges Spiel, das zwar thematisch an Village anknüpft aber mechanisch andere Spielprinzipien bedient. Der Kernmechanismus des Spiels ist der Würfeleinsatz zur Bildung des Bannerwerts, der ausschlaggebend für die Aktionsphase ist. Einige Spieler werden nun befürchten, dass My Village aufgrund des Würfeleinsatzes einen hohen Glücksfaktor innehat, doch dieser These ist nur bedingt zuzustimmen. Sicherlich ist ein kleiner Glücksanteil nicht von der Hand zu weisen, aber schließlich kann ein Würfelergebnis auch modifiziert werden. Entweder durch Zahlung von Münzen oder durch eine Versammlungsplatz-Karte. Insofern ist der Glücksfaktor von My Village auch nicht größer als bei Die Burgen von Burgund, das bekanntermaßen ein zeitloser Favorit von etlichen Vielspielern ist.

Und genau dieses Klientel wird auch von My Village angesprochen. My Village ist definitiv ein Kenner- und Vielspielerspiel, das die kleinen grauen Zellen ganz schön fordert. Ein sinnvoller Ausbau des eigenen Dorfs ist unumgänglich, um gegen starke Gegner eine  Chance zu haben. Dabei stellt sich aber sogleich die Grundsatzfrage, ob man auf möglichst viele gleiche Bannerwerte setzt oder die Werte der Gebäude splittet, um nicht von bestimmten Würfelkombinationen abhängig zu sein. Fakt ist, dass mehrere gleiche Bannerwerte viele Vorteile bieten. Beispiel: ein Spieler besitzt das Gildenrathaus und hat bereits einige Kundenkarten in seinem Marktbereich liegen. Durch Bildung des Bannerwerts 3 kann er nun ein Joker-Gut in Besitz nehmen, ggf. mehrere Kundenkarten bedienen und zusätzlich Nachwuchs in die Schule schicken. Grundsätzlich ist das eine tolle Konstellation, aber der Nachteil ist, dass man von kleinen Zahlen abhängig ist. Eine gute Balance aus mindestens zwei bis drei identischen Bannerwerten im eigenen Dorf ist sicherlich zu empfehlen, um im eigenen Zug genügend Auswahlmöglichkeiten zu haben, wenn der Spieler mehrere weiße Banner aktivieren will.

Apropos Auswahlmöglichkeiten: My Village bietet seinen Protagonisten etliche Optionen, die eigentlich allesamt reizvoll und vielversprechend sind. Doch der Spieler muss sich nun mal für eine Möglichkeit entscheiden und hat damit die Qual der Wahl. In den Testrunden hat sich kein Königsweg herauskristallisiert. Eine breit aufgestellte Spielerin und ein extrem auf Kundenkarten spezialisierter Kollege waren am Schluss gerade mal zwei Punkte auseinander. Und diese perfekt ausbalancierte Aktionenvielfalt bietet den Spielern großartigen Spielspaß mit einem hohen Wiederspielreiz.

My Village ist schlichtweg ein hervorragendes Brettspiel geworden, das ohne Wenn und Aber weiterempfohlen werden kann. Fans des Village-Spiels sind genauso wie alle Vielspieler restlos begeistert. Was die Komplexität des Spiels angeht, waren sich die Tester etwas uneins. Während die eine Hälfte das Spiel als sehr anspruchsvoll empfand, ging der anderen Hälfte das Spielprinzip locker-flüssig von der Hand. Entscheidend ist auf jeden Fall das Verständnis des Einsatzes der universellen schwarzen Holzmarker. Denn im Gegensatz zu Village gibt es bei My Village keine Münzen, Güterplättchen, Familienmitglieder etc. Alle Faktoren werden durch die Universalmarker abgedeckt, was My Village hinsichtlich des Handlings zunächst gewöhnungsbedürftig macht. Aber keine Angst … nach ein paar Runden hat sich das Spielprinzip verinnerlicht, und dann bereitet die Übersicht auch keine Probleme mehr.

Fazit:

Mit My Village ist dem Ehepaar Brand abermals ein ganz großer Wurf geglückt. Das Spiel ist abwechslungsreich, anspruchsvoll, spannend, vielfältig und macht tierisch viel Spaß. My Village bietet noch mehr Facetten als Village, und diese Vielfalt ist schlichtweg genial. Alle Vielspieler können bedenkenlos zuschlagen und sich dieses Meisterwerk sogar „blind“ kaufen.