Samstag, 27. Juni 2015

Villen des Wahnsinns



Verlag: Heidelberger Spieleverlag
Autor: Corey Konieczka
Spieleranzahl: 2 - 5
Alter: ab 13 Jahren
Spieldauer: ca. 120 – 180 Minuten


Einleitung:

Nachdem Arkham Horror in der Vielspielerszene eingeschlagen hat wie eine Bombe, präsentiere ich Euch nun ein weiteres Abenteuerhighlight aus dem Lovecraft´schen Arkham-Universum. Villen des Wahnsinns ist ein eigenständiges Rollenbrettspiel, in dem die Protagonisten fünf Horrorgeschichten durchspielen können. Dabei treten sie jeweils kooperativ gegen einen Feind (=Bewahrer) an, dessen Part von einem einzelnen Mitspieler übernommen wird.

Ablauf:

Zunächst einigen sich die Spieler auf eine Geschichte und verteilen die Rollen. Ein Spieler übernimmt den Bewahrer, während die verbliebenen Mitspieler die Ermittler repräsentieren. Nun werden die Monster bereitgestellt und in die Nähe des Bewahrers platziert. Das restliche Material wird ebenfalls bereitgelegt. Die Ermittler suchen sich einen Charakter aus und nehmen dessen Startausrüstungsutensilien an sich. Der Bewahrer wiederum erhält alle Gegenstände, die er für seine Rolle benötigt. Last not least werden der Ereignisstapel und die verschiedenen Nachziehstapel vorbereitet.

Nach diesem allgemeinen Spielaufbau folgt eine individuelle Vorbereitung. Der Bewahrer befolgt die Anweisungen des Bewahrerhandbuchs, während die Ermittler das Ermittlerhandbuch studieren. Nachdem auch diese Spezialvorbereitungen abgeschlossen sind, eröffnen die Ermittler das eigentliche Spiel.

Zu Spielbeginn kennt nur der Bewahrer die Zielbedingung zum Spielsieg. Die Ermittler hingegen tappen noch im Dunklen und müssen versuchen, möglichst viele Hinweise aufzuspüren, die in den unterschiedlichen Räumen des Spielplans versteckt sind. Jeder Ermittler hat in seinem Zug zwei Bewegungsphasen und eine Aktion zur Verfügung. Als Aktion kann er beispielsweise einen Raum durchsuchen oder ein Monster angreifen. Der Bewahrer erhält in seinem Zug zunächst Drohmarker gemäß der Anzahl der Ermittler. Diese Drohmarker kann er in seiner Aktionsphase abgeben, um Bewahreraktionskarten zu benutzen. Mit diesen Karten kann er die Ermittlungen der Kontrahenten behindern. Weiterhin kann er mit jedem Monster, das sich im selben Feld wie ein Ermittler befindet, einmal angreifen. Kämpfe werden durch Würfeln entschieden. Am Ende seines Zuges legt der Bewahrer einen Zeitmarker auf den Ereignisstapel. Nachdem eine bestimmte Anzahl von Markern draufgelegt wurde, wird die oberste Karte umgedreht und das Ereignis ausgeführt. Während der Spielzüge von Ermittlern und Bewahrer müssen etliche Regeln beachtet werden, deren Detailschilderung an dieser Stelle den Rahmen sprengen würde.

Den Ermittlern drohen im Verlauf des Spiels hauptsächlich zwei Gefahren: Tod und Wahnsinn. Dazu kann es kommen, wenn ein Ermittler zu viel Schaden bzw. Horror angesammelt hat. Sobald die Ermittler den letzten Hinweis gefunden haben, muss der Bewahrer ihnen die Siegbedingungen mitteilen. Es kann auch vorkommen, dass eine Partei ihre Siegbedingung schon früher erfüllt hat. In diesem Fall muss der Bewahrer das ebenfalls bekanntgeben. Das Spiel endet spätestens, nachdem die Ereigniskarte Phase IV vollständig durchgespielt wurde, d.h. wenn die vorgesehene Anzahl an Markern darauf platziert wurde. Konnten weder Bewahrer noch Ermittler ihre Siegbedingungen erfüllen, haben alle Spieler verloren.

Meinung:

Villen des Wahnsinns macht seinem Namen alle Ehre, und das in jeglicher Hinsicht: wahnsinnig umfangreiches Spielmaterial, wahnsinnig hoher Regelaufwand, wahnsinnig lange Spieldauer und wahnsinnig geiler Spielspaß!

Nach Öffnen der sauschweren Schachtel wird der glückliche Besitzer des Spiels zunächst von der Fülle an Material erschlagen. Etliche Stanzbögen erfreuen ad hoc das Spielerherz und schüren die Vorfreude auf die erste Partie. Doch wie heißt es so schön: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Denn jetzt ist erstmal Regelstudium angesagt. Dabei sind 26 Seiten Anleitung durchzulesen, wobei für die späteren Spiele noch Anweisungen von Ermittlerhandbuch und Bewahrerhandbuch hinzukommen. Trotz des hohen Umfangs ist das Regelheft in höchstem Maße zu loben, da es logisch aufgebaut ist, verständlich formuliert wurde und keine Fragen offen lässt. Diverse Abbildungen und Beispiele fördern das Verständnis zusätzlich. Trotzdem muss die Fülle an Feinheiten verinnerlicht werden, und dafür brauchen unerfahrene Spieler in der Regel schon zwei bis drei Partien. Arkham Horror-Jünger kennen viele Begrifflichkeiten und kommen ein bisschen schneller ins Spiel hinein. Erfahrungsgemäß will Jeder irgendwann einmal den Bösewicht (Bewahrer) spielen. Da dieser aber quasi zusätzlich als eine Art Spielleiter fungiert, ist es ratsam, dass zunächst ein erfahrener Spieler diese Rolle übernimmt. Schließlich gibt es genügend Variationen, dass jeder Spieler mal drankommt.

Villen des Wahnsinns ist kein Strategiespiel im klassischen Sinn. Hier stehen Handlung und Atmosphäre im Vordergrund, zumal mit jeder Partie eine Geschichte erzählt wird. Insofern ist Villen des Wahnsinns eine Mischung aus Rollen- und Brettspiel, wobei auch kleinere Adventure-Einflüsse nicht von der Hand zu weisen sind (z.B. bei den Rätseln). Koordination und gute Absprachen sind unerlässlich. Ohne aufeinander abgestimmte Aktionen ist ein Scheitern der Ermittler vorprogrammiert. Das sollten alle Spieler immer vor Auge haben. Hier geht es nicht darum, der beste Individualist zu sein, sondern kooperativ als geschlossenes Team zu fungieren.

Für eine Partie Villen des Wahnsinns sollten auch locker zwei bis drei Stunden Spielzeit (inklusive Auf- und Abbau sowie Einlesen in die Story) eingeplant werden. Eine genaue Spieldauer kann nie vorhergesagt werden, da die Zeit ja auch von den Absprachen etc. abhängt. Und bekanntlich gibt es auch sehr diskutierfreudige Spielercharaktere, die eine Partie mit Dauergeschnatter schon mal in die Länge ziehen können (grins). Jetzt werden sich viele Leser vielleicht fragen „lohnt sich der ganze Aufwand überhaupt“? Antwort: ja, definitiv!

Fazit:

Der Spielspaß ist gigantisch und drei Stunden vergehen wie im Flug. Voraussetzung ist natürlich, dass sich die Spieler auch auf das Spiel einlassen. Auf das Flair, das Charisma, die Story, die Atmosphäre. Denn genau davon lebt die Genialität von Villen des Wahnsinns. Wer sich bereiterklärt, in diese Welt einzutauchen, erhält ein überragendes Horror-Rollen-Brettspiel, das bedenkenlos weiterempfohlen werden kann.

Donnerstag, 25. Juni 2015

Five Tribes



Verlag: Days Of Wonder / Asmodee
Autor: Bruno Cathala
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 13 Jahren
Spieldauer: ca. 40 – 80 Minuten


Einleitung:

Auf dem Weg durch die Länder von 1001 Nacht erreicht deine Karawane das sagenumwobene Sultanat von Nagala. Doch auch deine Mitspieler sind in diesem Königreich des Orients angekommen, und mit diesen Konkurrenten lieferst du dir einen spannenden Wettkampf um den größten Einfluss. Wer koordiniert seine Aktionen am besten, um am Ende mit den meisten Siegpunkten als Gewinner des Spiels hervorzugehen?

Ablauf:

Zu Beginn einer Partie werden die 30 Plättchen in einem zufällig angeordneten 5 x 6 Raster ausgelegt. Anschließend werden jeweils drei Figuren aus dem beiliegenden Beutel gezogen und auf ein Plättchen gestellt. Nachdem die 90 Figuren (=Meeples) auf den Plättchen untergebracht wurden, werden die weiteren Spielutensilien bereitgelegt, und jeder Spieler erhält 50 Gold sowie acht Kamele seiner Farbe.

Bei Spielbeginn und am Anfang jeder neuen Runde bieten die Spieler um eine Position auf der Zugreihenfolge-Leiste. Der Startspieler wählt nun ein Plättchen, auf dem sich noch mindestens eine Figur befindet. Er nimmt alle Meeples in die Hand und setzt sie in beliebiger Reihenfolge auf benachbarte Plättchen. Die letzte Figur muss auf ein Feld gesetzt werden, auf dem mindestens eine Figur der gleichen Farbe steht. Am Ende der Bewegung nimmt der Spieler den zuletzt gesetzten Meeple zusammen mit allen anderen gleichfarbigen Figuren (von diesem Plättchen) auf die Hand. Werden dadurch alle Figuren vom Plättchen genommen (weil alle Meeples gleichfarbig sind), nimmt der Spieler dieses Plättchen in Besitz. Zur Kennzeichnung der Inbesitznahme stellt er eines seiner Kamele auf das Feld.

Nun folgt die Aktion der Sippe. Gemäß der Farbe der genommenen Meeples darf der Spieler jetzt eine Aktion ausführen, z.B. werden grüne Figuren gegen ausliegende Rohstoffkarten eingetauscht oder weiße Meeples können für Dschinnbeschwörungen eingesetzt werden etc. Insgesamt gibt es fünf verschiedene Farben, die allesamt unterschiedliche Vorteile bringen. Nach den Aktionen der Sippe folgen die Aktionen der Plättchen. Je nach Art des Zielfelds darf der aktive Spieler beispielsweise Gold gegen Rohstoffkarten tauschen, eine Palme auf das Plättchen stellen usw. Auch hinsichtlich der Ortsplättchen gibt es fünf Feldtypen mit andersgearteten Aktionsmöglichkeiten. Nachdem ein Spieler all seine Aktionen ausgeführt hat, darf er noch beliebig viele Güter verkaufen. Je mehr unterschiedliche Rohstoffkarten er als Set abgibt, desto mehr Gold erhält er. Sobald alle Spieler dran waren und ihren Zug beendet haben, beginnt die nächste Runde nach dem gleichen Schema wie gerade beschrieben.

Das Spiel endet, sobald ein Spieler sein letztes Kamel auf ein Plättchen gesetzt hat oder keine zulässige Meeple-Bewegung mehr möglich ist. Nun folgt die Schlusswertung gemäß den beiliegenden Wertungsblättern. Grundsätzlich gilt, dass Gold 1:1 in Siegpunkte umgerechnet wird. Weiterhin gibt es beispielsweise Siegpunkte für Mehrheiten an Wesiren (gelbe Figuren), die Siegpunkte der eigenen Dschinn, fünf Siegpunkte für jeden Palast auf eigenen Plättchen uvm. Der Spieler mit den meisten Siegpunkten hat dann gewonnen.

Meinung:

Sowohl im Vorfeld der SPIEL 2014 als auch auf der Messe selbst war Five Tribes ein Favorit im Kreis der Vielspieler. Und das völlig zu Recht, denn das Spiel ist einfach großartig. Das Spielprinzip ist quasi ein Worker-Displacement, denn Aktionen werden beim Wegnehmen der Figuren aktiviert. Dieses Prinzip gibt es zwar schon (z.B. bei Tzolk´in), aber in dieser Form ist Five Tribes dennoch ein äußerst origineller und innovativer Spielmechanismus zu bescheinigen. Denn schließlich ist es nicht nur mit dem Wegnehmen der Figuren des Zielfelds getan. Das wäre ja einfach. Vielmehr muss der aktive Spieler höllisch genau darauf achten, welche Figuren er auf welchem Plättchen abstellt. Denn mit einem „dummen“ Zug kann es leicht passieren, dass der nachfolgende Mitspieler von einem neu bestückten Feld massiv profitiert. Tipp: immer schön aufpassen, dass nicht zu viele gleichfarbige Meeples auf einem Plättchen stehen.

Da eigentlich jede Aktion irgendwie Siegpunkte oder Vorteile mit sich bringt, gilt es gut durchzurechnen, welche Aktion die meisten Punkte einbringt. Und das kann die kleinen grauen Zellen unter Umständen extrem fordern. Besonders, wenn dabei die entstehenden Vorteile für die Mitspieler einkalkuliert werden. Genau das macht Five Tribes so interessant, aber sofern Hardcore-Grübler am Tisch sitzen, kann das Überlegen/Durchrechnen auch seine Zeit dauern. Persönliche Empfehlung: Leute, nehmt das Ganze doch nicht zu ernst. Es ist ein Spiel, und bei einem Spiel geht es in erster Linie um Spaß. Zumindest sollte das so sein, grins.

Also spielt ein bisschen aus dem Bauch heraus, was natürlich nicht heißt, dass Ihr nicht überlegen sollt. Das gehört bei Five Tribes zwingend dazu, und damit kommen wir auch zum potentiellen Klientel des Spiels. Five Tribes kann sowohl von Vielspielern als auch von ambitionierten Gelegenheitsspielern und Familien gespielt werden. Die beiden zuletzt genannten Spielertypen dürften vermutlich eher locker-flockig drauflos spielen, während die erfahrenen Strategen/Taktiker wahrscheinlich mehr an ihren Zügen tüfteln. Spaß macht beides! Sogar einen Heidenspaß, und durchweg alle Spieler in den Testrunden waren von Five Tribes ziemlich begeistert.

Neben dem Spielspaß liegt dies auch an der hervorragenden Aufmachung/Illustration, die das Auge begeistert und mit hoher Materialqualität ausgestattet ist. Auch die Spielanleitung ist gelungen, wenngleich vor allem im Zwei-Personenspiel die eine oder andere Frage offenbleibt (Wird zweimal auf die Zugreihenfolge geboten? Werden beide Züge bzw. Aktionen hintereinander ausgeführt?). Da die Antworten aber leicht in diversen Foren zu finden sind, schlägt dieses kleine Manko kaum zu Buche und schmälert in keinster Weise den tollen Spaß, den Five Tribes seinen Spielern bietet.

Fazit:

Five Tribes ist ein super Spiel, das den vielen Vorschußlorbeeren absolut gerecht wird. Trotz Spieltiefe sind die Regeln leicht zugänglich und bieten einen Spielspaß, der definitiv in der obersten Eliteklasse angesiedelt ist. Eine uneingeschränkte Weiterempfehlung versteht sich somit von selbst.

Dienstag, 23. Juni 2015

ZhanGuo



Verlag: What´s Your Game / Asmodee
Autor: Marco Canetta / Stefania Niccolini
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: ca. 60 – 120 Minuten


Einleitung:

Nach der Vereinigung der „Streitenden Reiche“ (Zhanguo) ist der Kaiser des neu entstandenen Imperiums China damit beschäftigt das politische Chaos unter Kontrolle zu bekommen. Dazu wird das Reich in verschiedene Provinzen reformiert, die von Gouverneuren geleitet werden. Doch auch die ständische Bedrohung durch nordische Barbaren erschüttert das Land, und deshalb muss eine schützende Mauer errichtet werden. Welcher Spieler unterstützt den König am besten, ohne dabei seine Bevölkerung zu sehr zu unterdrücken?

Ablauf:

Bevor der eigentlich Ablauf-Block in Angriff genommen wird, sei folgende kleine Vorab-Bemerkung gestattet: ZhanGuo ist ein hochkomplexes Strategie-Taktikspiel mit einer Vielzahl an komplizierten Regeln und Verzahnungen. Aufgrund dieser Komplexität kann nicht auf alle Feinheiten eingegangen werden, da diese Details den Rahmen einer Rezension sprengen würden.

Vor einer Partie wird der Spielplan in die Mitte platziert und alle benötigten Utensilien bereitgelegt. Das Startkapital der Spieler besteht aus acht Zählscheiben, acht Gouverneuren, sechs Palästen, fünf Mauern, fünf schwarzen Unruhe-Würfeln sowie fünf weißen, grauen und roten Beamtenwürfeln. Die Spielkarten, die ein zentrales Element des Spiels darstellen, werden nach Symbol getrennt und als drei separate Stapel bereitgelegt.

Zu Beginn jeder Runde zieht jeder Spieler je zwei Karten von jedem der drei Stapel auf die Hand. In der folgenden Phase werden diese Karten reihum ausgespielt. Beim Ausspielen darf der aktive Spieler seine Karte als Vereinigungs-Aktion nutzen und sie an eine Region des eigenen Spielertableaus anlegen. Oder er führt eine Hof-Aktion aus und legt die Karte im Hof-Bereich des Spielplans ab. Sobald ein Spieler eine Karte in eine Region auf seinem Tableau gespielt hat, erhält er Wert-1-Oktagone gemäß der Anzahl der dort ausliegenden Karten. Diese „Chips“ können später als Einsatz von Belohnungen verwendet werden, außerdem zählen sie am Ende des Spiels als Siegpunkte.

Diverse Aktionen führen jedoch zu Unruhen in der Bevölkerung. Dazu wird der schwarze Würfel auf die Unruhe-Leiste gesetzt bzw. vorangezogen. Als Hof-Aktionen stehen dem Spieler sechs Möglichkeiten zur Verfügung. Zum einen kann ein Beamter in den Dienst gestellt werden. Der dazugehörige Würfel wird dann in den Gouverneurs-Bereich einer Region auf dem eigenen Spielertableau platziert. Auch die Versetzung von Beamten ist eine Aktionsmöglichkeit, ebenso wie der Einsatz eines Gouverneurs. Bei der zuletzt genannten Aktion muss der Spieler aber einen Beamten jeder Farbe aus dem Gouverneurs-Bereich derselben Region entfernen. Für den Gouverneur-Einsatz erhält der Spieler einen Bonus. Für jeden Beamten, der im Arbeiter-Bereich einer Region des Tableaus eingesetzt ist, können Arbeiter angeworben werden, was jedoch die Unruhen in der Bevölkerung forciert. Weiterhin können Paläste und Mauern errichtet werden, was unter anderem Arbeiter kostet. Je nach verwendeter Hof-Aktion können noch abhängig von der Aktivierungszahl der Karte zusätzliche Fähigkeiten genutzt werden. Dazu ist die Wertigkeit der Aktivierungszahl in Kombination mit der letztgelegten Hof-Karte zu berücksichtigen. Außerdem muss die ausgeführte Aktion mit der aktivierenden Aktion der Karte übereinstimmen. In der Belohnungsphase werden zunächst die Mehrheiten der Oktagone überprüft. Der Mehrheiteninhaber kann alle Chips abgeben und dafür die Belohung kassieren oder er kann passen. Dann hat der Spieler mit den zweitmeisten Oktagonen die Wahl usw.

Zu jeder Zeit des Spiels können auch Aufträge des Kaisers erfüllt werden. Bei Erfüllung darf der Spieler eine Zählscheibe in die entsprechende Sektion legen, was am Ende Siegpunkte einbringt. ZhanGuo endet nach der Belohungsphase der fünften Runde. Dann erfolgt eine Schlusswertung mit diversen Faktoren, und der Spieler mit den meisten Siegpunkten hat gewonnen.

Meinung:

Uff … was für ein Brocken. Das Regelwerk von ZhanGuo besteht zwar „nur“ aus 16 Seiten, doch die haben es wahrlich in sich. Aber so kennt und liebt man die Spiele vom What´s Your Game Verlag – zumindest als Vielspieler. Und selbstverständlich sind genau diese das angesprochene Klientel, denn ZhanGuo ist definitiv ein Spiel für Experten. Familien und auch ambitionierten Gelegenheitsspielern dürfte das Ganze zu komplex sein, wenngleich die oberste Schwierigkeitsstufe nicht ganz erreicht wird. Das bedeutet, dass ZhanGuo hinsichtlich der Komplexität irgendwo zwischen Vasco da Gama und Vinhos/Madeira angesiedelt ist, und für einen „Normalo“ ist das schon eine verdammt hohe Messlatte.

Dem Spieler juckt es immer wieder in den Fingern, alle Möglichkeiten auf einmal auszuprobieren, aber aufgrund der vorgegebenen Rundenzahl ist das natürlich nicht möglich. Obwohl ZhanGuo kein Mangelspiel im herkömmlichen Sinn ist, greifen dennoch die Mechanismen, dass sämtliche Aktionen auf einmal einfach nicht möglich sind. Und das ist auch gut so, denn dadurch ist der Wiederspielreiz gigantisch hoch. Schließlich will ein erfahrener Spielerfuchs alle möglichen Strategien ausloten, um ein optimales Ergebnis zu erreichen. Dazu gehören beispielsweise auch Extrem-Strategien und die Fokussierung auf ein bestimmtes Segment, was Neueinsteigern aber nicht unbedingt ans Herz gelegt werden kann. Stattdessen sollten sich Anfänger bei den ersten Partien lieber an den Aufträgen orientieren und diese quasi als Leitfaden ansehen.

Eine empfehlenswerte Strategie ist eine gute Balance zwischen Hof-Karten und Karten, die ans Spielertableau angelegt werden. Bezüglich der Reihenfolge ist der Beginn mit Tableau-Karten anzuraten, damit die Hof-Karten größere Rendite abwerfen. Auf keinen Fall sollten Arbeiteranwerbungen vernachlässigt werden. Sofern die Unruhe-Leisten nicht „explodieren“ sind Arbeiterrekrutierungen immer wichtig, weil ohne diese kein Palast- oder Mauerbau möglich ist. Aber Voraussetzung für das Anwerben von Arbeitern sind Beamte im Arbeiter-Bereich, was ein ausgezeichnetes Beispiel für die verzahnten Mechanismen des Spiels ist. Hinsichtlich der Verzahnungsprinzipien kommen sogar vereinzelt Assoziationen zu Stefan Feld Spielen auf (z.B. Bora Bora oder Trajan), und solche Vergleiche mit dem Maestro der Strategiespiele sind ein Riesenkompliment für ZhanGuo.

Interessant sind auch die unterschiedlichen Seiten der Spielertableaus. Die B-Seiten beinhalten nämlich verschiedene Sonderfähigkeiten, die ZhanGuo leicht asymmetrisch machen. Allerdings nur minimal, denn die Kernelemente sind natürlich für alle Spieler gleich. Sofern diese Variante gespielt wird sollten aber nicht zu viele Siegpunkte bei der Auktion der Tableau-Versteigerungen investiert werden, da jedes Spielertableau sinnvolle Entfaltungsmöglichkeiten bietet. Wichtiger, aber auch schwieriger, gestaltet sich der Nutzen von Karten-Fähigkeiten, sofern sie als Hof-Karten gespielt werden. Einige Fähigkeiten bedingen eine höhere Hof-Karte als die aktuell ausliegende, und andere Zusatzaktionen verlangen einen niedrigeren Kartenwert. Insofern macht es durchaus Sinn, die höchste und niedrigste Handkarte bis zum Ende einer Runde aufzusparen, aber selbst dann ist es nicht gewährleistet, dass sie für eine Zusatzaktion verwendet werden können. Lange Rede, kurzer Sinn: bei ZhanGuo gilt es wahnsinnig viele Aspekte zu beachten, um eine optimale Handlungs-Aktionsstrategie planen zu können. Und diese Herausforderung macht Spaß. Sogar sauviel Spaß :-)

Der Spielspaß ist für Vielspieler also vom feinsten, da es extrem viel zu bedenken gibt und unterschiedliche Strategien zum Sieg führen können. Hinzu kommt eine schöne Aufmachung/Illustration, wie sie typisch für ein What´s Your Game Spiel ist. Die Spielanleitung ist ausgezeichnet geschrieben, hervorragend strukturiert und mit passenden Beispielen veranschaulicht. Das Regelwerk ist also trotz Spielkomplexität sehr gut verständlich und lässt keine Fragen offen. Super … so etwas ist auch nicht selbstverständlich für ein Spiel dieser Güteklasse. Alles in allem ist What´s Your Game somit wieder ein weiterer Volltreffer gelungen, der sich nahtlos in die Reihe der tollen Veröffentlichungen des Verlags einreiht. Klasse!

Fazit:

Was gibt´s noch groß zu bilanzieren? Im Meinungsblock ist doch alles gesagt. ZhanGuo ist spitze! Du bist ein Vielspieler und auf der Suche nach einem neuen geilen Spiel? Na los … renn in den nächsten Spielladen oder geh auf ein Online-Portal und kauf dir das Spiel. Es lohnt sich :-)

Montag, 22. Juni 2015

Dominion + Die Intrige + Die Gilden


Verlag: Rio Grande Games / ASS Altenburger
Autor: Donald X. Vaccarino
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 13 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten


Einleitung:

Im Jahr 2009 wurde Dominion völlig zu Recht zum Spiel des Jahres gewählt und löste einen sensationellen Kartendeck-Aufbauspiel Boom aus. Nachdem die deutschsprachige Lizenz vom Hans im Glück Verlag ausgelaufen ist, veröffentlichte Rio Grande Games in Zusammenarbeit mit dem Vertrieb von ASS Altenburger eine Neuauflage des Basisspiels sowie diverser Erweiterungen. In diesem Review rezensieren wir das Grundspiel, Die Intrige und die mittlerweile achte Erweiterung Die Gilden.

Ablauf:

Dominion ist ein sogenanntes Deckbuilding-Kartenspiel. Jeder Spieler beginnt mit einem identischen Kartendeck, das im weitern Verlauf sukzessive ausgebaut wird. Die Geldwährung besteht aus Kupfer, Silber und Gold. Neben Geld können auch Königreich-Karten erworben werden, die unterschiedliche Aktionen erlauben und ggf. virtuelles Geld wert sind.

Jeder Spieler zieht fünf Karten von seinem Nachziehstapel auf die Hand. In seinem Zug stehen dem aktiven Spieler grundsätzlich eine Aktion und ein Kauf zur Verfügung. Diverse Aktionskarten erlauben jedoch das Nachziehen weiterer Karten, zusätzliche Aktionen oder weitere Käufe. Neben Aktionskarten können auch wertvollere Geldkarten gekauft werden, um das eigene Kartendeck auch monetär aufzuwerten. Neben konstruktiven Aktionskarten gibt es auch aggressive Angriffskarten wie Hexe, Dieb oder Miliz. Als Schutz gegen eine Attacke kann ausschließlich der Burggraben eingesetzt werden. Eigentliches Ziel des Spiels ist der Erwerb von Siegpunktkarten. Das Spiel endet, sobald der Provinzstapel (wertvollste Punktekarte) oder drei beliebige Kartenstapel aufgebraucht sind. Der Spieler mit den meisten Siegpunkten hat dann gewonnen.

Nachdem das Basisspiel wie eine Bombe eingeschlagen hat, wurden im Laufe der Jahre immer wieder neue Erweiterungen veröffentlicht. Die erste Erweiterung, die in der Erstauflage noch als Grundspiel verwendet werden konnte, ist Die Intrige. Da bei der neuen Veröffentlichung von Rio Grande Games/ASS die Basiskarten fehlen (Geld- und Punktekarten sowie Flüche), ist für dieses Re-Release zusätzlich das Basisspiel oder das neue separate Basiskartenset erforderlich. Die Intrige besteht aus 300 Karten, und diese Königreichkarten haben es wahrlich in sich. Trickser, Kerkermeister, Lakai und Saboteur sind mächtige Angriffskarten, die den Mitspielern das Leben so richtig schwer machen. Aber natürlich gibt es auch wieder jede Menge konstruktiver Karten, die das eigene Deck massiv verstärken können (z.B. Bergwerk oder Brücke). Neben Angriffs- und konstruktiven Karten gibt es auch neue Punktekarten, die gleichzeitig auch Zusatzfunktionen beinhalten (Große Halle, Adelige, Harem). Die Wertigkeit des Herzogs hängt von der Anzahl der Herzogtümer im eigenen Deck ab. In einer gut abgestimmten Kombination können Herzöge richtig viel Punkte bringen, was selbstverständlich die Aufmerksamkeit der Konkurrenten erhöhen sollte.

Die neueste Erweiterung sind Die Gilden, die mit 13 neuen Königreichkartensätzen und 25 Münzen aufwarten. Das Thema der Erweiterung sind Handwerksbetriebe bzw. Handwerker. Ein neues Element sind die Münzen, die angespart und jederzeit eingesetzt werden können. Durch Karten wie den Bäcker oder den Leuchtenmacher werden Münzen erworben, die zum passenden Zeitpunkt einen Kauf unterstützen. (z.B. beim Erwerb einer Provinz). Die Gilden sind auch mit dem alten Basisspiel sowie allen bisher erschienenen Erweiterungen kombinierbar.

Meinung:

Dominion ist eine Erfolgsstory. Und ein Ende ist glücklicherweise nicht in Sicht. Wenn ein Spiel über mehrere Jahre hinweg konstant erfolgreich ist, dann hat das seinen Grund, und Dominion ist etwas ganz Besonderes. Das Spiel und seine Erweiterungen begeistert die gesamte Spielerwelt – egal, ob es sich um Vielspieler, Familien oder Gelegenheitsspieler handelt. Mit einem einfachen Spielmechanismus für größten Spielspaß zu sorgen und gleichzeitig noch anspruchsvoll zu sein ist schlichtweg genial.

Strategisch gesehen spielt sich jedes Deck auch unterschiedlich. Sind beispielsweise Jahrmarkt und Schmiede im Spiel, sollten diese Königreichkarten unbedingt bevorzugt werden, um eine Kettenaktionsreihe spielen zu können. Im Idealfall spielt man zuerst einen Jahrmarkt, dann die Schmiede (oder Laboratorium oder Hexe), dann einen weiteren Jahrmarkt, anschließend eine weitere Schmiede usw. Ruckzuck hat der aktive Spieler dann genügend Geld für eine Provinz angesammelt. Erfolgversprechend ist auch die Geldstrategie. Einfach möglichst viel Gold und Silber kaufen und Kupfer entsorgen … auch so sind viele Provinzkäufe vorprogrammiert.

Die Intrige ist eine klasse Erweiterung, die hundertprozentig weiterempfohlen werden kann. Die Karten sind teilweise komplexer als die Karten des Basisspiels, und genau das sorgt für erweiterten Spielspaß. Und natürlich lassen sich mit der Intrige wesentlich mehr interessante Königreich-Konstellationen auslegen. Dabei ist selbstverständlich zu berücksichtigen, dass einige Karten perfekt zueinander passen und sich vereinzelt sogar gegenseitig bedingen (z.B. Herzog – Herzogtum). Eine sehr schöne Idee ist auch die Punktekarte mit Zusatzfunktionen. Aber dass eine Karte wie Adelige oder Harem entsprechend teuer ist, versteht sich von selbst. Alles in allem sind die Karten hervorragend abgestimmt und bürgen für besten Dominion-Spielspaß vom feinsten.

Auch bei den Gilden sind nahezu alle Königreichkarten weiter zu empfehlen. Vor allem der Leuchtenmacher und der Bäcker sind wichtig, weil sie beim Ausspielen Münzen bringen. Doch auch der Wahrsager ist ein Hammer. Gold nehmen und gleichzeitig den Mitspielern einen Fluch verpassen ist schon geil. Aber eigentlich sind alle Karten klasse und hervorragend miteinander kombinierbar. Die Gilden sind somit eine weitere hervorragende Erweiterung, die allen Dominion-Fans bedenkenlos weiterempfohlen werden kann. Für den Preis wären zwar ein paar Königreichkarten mehr zu wünschen gewesen, aber der grandiose Spielspaß rechtfertigt sogar einen „Blindkauf“. Was soll man groß sagen? Tolles Spiel, tolle Erweiterungen. Einfach super!

Fazit:

Die die Neuauflage des Basisspiels neue Illustrationen von Geld- und Punktekarten sowie die Promokarte Schwarzmarkt beinhaltet, kann das Spiel sogar den „alten“ Fans weiterempfohlen werden. Wer Dominion noch nicht kennt, sollte ohnehin schnellstens zugreifen. Gleiches gilt für Die Intrige und die Gilden-Erweiterung, die sich nahtlos in das Dominion-Universum einfügen. Dominion – was für eine Welt!

Deus


Verlag: Pearl Games / Heidelberger Spieleverlag
Autor: Sébastien Dujardin
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 14 Jahren
Spieldauer: 60 – 90 Minuten


Einleitung:

Bei Deus übernehmen die Spieler die Rollen als Anführer antiker Zivilisationen, die sukzessive ihr Imperium ausbauen. Dazu gehören der Abbau von Rohstoffen, der Bau neuer Städte oder sonstiger Gebäude sowie die Erschließung von lukrativen Handelsrouten. Durch Militäreinsatz können Barbarendörfer befriedet werden, und auch den Göttern sollte von Zeit zu Zeit ein Opfer gebracht werden.

Ablauf:

Zu Beginn einer Partie wird das Spielfeld aus Kontinentalplatten gebildet, die von der Anzahl an Spielern abhängig sind. Nun wird der allgemeine Vorrat bereitgelegt und jeder Spieler erhält ein Spielertableau und alle Spielsteine seiner Farbe. Je zwei Spielsteine werden auf die entsprechenden Felder des Tableaus platziert, der Rest kann im weiteren Verlauf durch Opfergaben ins Spiel gebracht werden. Last not least erhalten die Spieler jeweils fünf Handkarten, fünf Goldstücke, fünf Siegpunkte und einen Rohstoffmarker jeder Art (Getreide, Holz, Lehm, Stein).

Der aktive Spieler kann in seinem Zug entweder ein Gebäude errichten oder den Göttern ein Opfer bringen. Um ein Standardgebäude zu errichten spielt man eine Gebäudekarte aus der Hand aus und platziert die Karte offen zur passenden Stelle oberhalb des eigenen Tableaus. Voraussetzung für den Bau ist die Verfügbarkeit eines Gebäude-Spielsteins der entsprechenden Gebäudeart auf dem Spielertableau. Der Gebäude-Spielstein wird in ein Gebiet auf dem Spielplan gesetzt. Außerdem muss der Spieler die Kosten für den Bau des Gebäudes bezahlen. Erforderliche Rohstoffe können hierbei auch durch vier Gold ersetzt werden. Auf eigenen Gebieten können unterschiedliche Gebäude platziert werden, alternativ können Gebäude auch angrenzend zu eigenen besetzten Gebieten gebaut werden. Sobald ein Gebäude gebaut und die Karte oberhalb des Spielertableaus platziert wurde, werden die Effekte der gesamten Reihe nacheinander abgehandelt. Beispiel: Spieler x baut ein blaues Seefahrtsgebäude (Schiff). Da er bereits in einer vorherigen Runde ein Schiff gebaut hat, legt er die aktuelle Seefahrtsgebäudekarte leicht versetzt auf die vorherige, so dass der Text der zuerst platzierten Karte weiterhin lesbar ist. Anschließend werden von unten nach oben alle Karten der Reihe nach abgehandelt.

Wird durch einen Gebäudebau ein Barbarendorf umzingelt und steht in mindestens einem der umliegenden Gebiete eine Militäreinheit, wird das Barbarendorf automatisch angegriffen. Der Spieler mit den meisten beteiligten Militäreinheiten erhält die dort ausliegenden Siegpunkte. Am Ende seines Zugs füllt der aktive Spieler seine Hand wieder auf fünf Karten auf. Um den Göttern ein Opfer zu bringen, darf man eine beliebige Anzahl an Karten aus der Hand ablegen. Dafür erhält der Spieler diverse Boni, z.B. neue Gebäude-Spielsteine, Rohstoffe, Gold usw. Das Spiel endet, sobald alle Tempel gebaut oder alle Barbarendörfer angegriffen wurden. Nun erhalten die Spieler noch Bonus-Siegpunkte für errichtete Tempel und für Mehrheiten in den unterschiedlichen Rohstoff-Gebieten. Der Spieler mit den meisten Punkten hat dann gewonnen.

Meinung:

Super! Deus überzeugt auf ganzer Linie, und das hat gleich mehrere Gründe. Zum einen ist das Spielprinzip leicht zugänglich und durch die sehr gute Anleitung schnell erlernbar. Zum anderen besitzt das Spiel dennoch eine gewisse Tiefe, die strategisches Planen und taktisches Agieren erfordert. Deus ist eigentlich ziemlich einfach. Entweder eine Karte ausspielen und damit ein Gebäude errichten oder beliebig viele Karten als Opfer für die Götter abwerfen. Bei einer so limitierten Auswahl kann ein Spiel doch eigentlich nicht anspruchsvoll sein, oder? Von wegen! Deus spricht sowohl ambitionierte Gelegenheitsspieler als auch Vielspieler an und macht einen Heidenspaß.

Ein Königsweg hat sich in den Testrunden nicht herauskristallisiert, aber eine große Menge an Gold vereinfacht die Sache sicherlich. Und Gold lässt sich am besten über den Handel bzw. die Schifffahrt generieren. Beispiel gefällig? Eine erste Handelskarte ermöglicht den Kauf von Rohstoffen für ein Gold. Die zweite Karte der Reihe ermöglicht den Verkauf von Holz für vier Gold. Perfekte Kombi, die natürlich nur funktioniert, wenn man sie durch weitere blaue Karten aktiviert. Auch Siegpunkte können mittels Seefahrtskarten generiert werden, z.B. drei Punkte für ein Set aus einem Getreide und einem Stein. Insofern ist die Schifffahrt also sehr empfehlenswert, doch auch die anderen Gebäude sollten keineswegs vernachlässigt werden. Allein schon aus dem Grund, um später einen zweiten Tempel bauen zu können, und einige Tempelkarten sind relativ leicht bis zum Maximum zu erfüllen (z.B. vier Siegpunkte für jedes besetzte Sumpfgebiet, maximal zwölf Punkte). Bei einem solchen Beispiel können Militäreinheiten doppelt wertvoll sein. Erstmal zur Befriedung der Barbarendörfer und dann auch zur Besetzung diverser Gebiete mittels einer Wanderung dorthin. De facto ist alles wichtig. Wobei es durchaus Unterschiede in der Wertigkeit von Karten gibt. In der Tat gibt es einige Gebäudekarten, die wesentlich mächtiger sind als andere Karten. Hat ein Spieler nun lediglich „Schrottkarten“ auf der Hand, sollte er die gesamte Kartenhand als Opfer für die Götter ablegen und die damit verbundenen Boni dankend mitnehmen. In der Regel sind in den Nachziehkarten dann zumindest ein paar starke Gebäude dabei. Und um ein Opfer kommt man eh nicht drum herum, denn schließlich braucht man ja auch immer wieder neue Spielsteine, um entsprechende Gebäude bauen zu können.

Das Balancieren mit allen Handlungsmöglichkeiten macht tierisch Spaß und fordert auch teilweise die kleinen grauen Zellen, obwohl Deus definitiv nicht hochkompliziert ist. Wer ein originelles und mittelanspruchsvolles Spiel sucht, liegt hier goldrichtig. Eine uneingeschränkte Weiterempfehlung kann daher mit besten Wissen und Gewissen ausgesprochen werden.

Fazit:

Deus ist ein hervorragendes Spiel, das zweifellos zu den Highlights der letzten Jahre zählt. Wer beispielsweise Spiele wie 7 Wonders oder Kashgar mag, kann hier bedenkenlos zuschlagen. Wobei diese Spiele nicht als direkter Vergleich dienen sollen, denn Deus ist absolut eigenständig und originell. Daumen hoch!

Kingsport Festval



Verlag: Kosmos
Autor: Andrea Chiarvesio / Gianluca Santopietro
Spieleranzahl: 3 - 5
Alter: ab 13 Jahren
Spieldauer: ca. 90 Minuten


Einleitung:

Bei Kingsport Festival verkörpern die Spieler bösartige Kultisten, die mittels Schwarzer Magie versuchen, die Großen Alten auf die Erde zu holen. Doch die Beschwörungen haben ihren Preis. Je mächtiger der beschworene Große Alte, desto mehr Tribut an Geistiger Gesundheit wird fällig. Welcher Spieler erhält die meisten Kultpunkte (=Siegpunkte), ohne seine Geistige Gesundheit völlig zu ruinieren?

Ablauf:

Zunächst wird der Spielplan in die Mitte des Tisches gelegt. Der Plan zeigt die 16 wichtigsten Orte in Kingsport, an denen man dunkle Macht erringen kann. Um das Spielfeld werden in aufsteigender Reihenfolge die 20 Tafeln mit den Großen Alten ausgelegt. Die Ressourcenwürfel für Tod, Übles und Zerstörung werden daneben platziert. Um die Vorbereitungen abzuschließen, werden nun noch vier Ermittler- und Ereigniskarten sowie drei Zauberspruch-Stapel gebildet.

Jeder Kultist startet mit zehn Punkten Geistiger Gesundheit und Null Magiewissen. Last not least wird eine Szenario-Karte gezogen und deren Anweisungen befolgt. Unter anderem werden hierbei die Felder der Kalender-Leiste bestimmt, auf denen die Angriffsmarker abgelegt werden. Kingsport Festival verläuft über zwölf Runden, die in jeweils sechs Phasen untergliedert sind. Zunächst wird der Startspieler der aktuellen Runde ausgewürfelt. Anschließend kann jeder Spieler reihum seine Würfelergebnisse verwenden, um einen Großen Alten zu beschwören. Dazu dürfen die Ergebnisse der drei Würfel addiert werden oder auch separat für mehrere Beschwörungen genutzt werden. Sobald alle Kultisten ihre Beschwörung(en) abgeschlossen haben, verteilen die beschworenen Großen Alten ihre Belohnungen. Dies kann zu Schaden an der Geistigen Gesundheit führen. Nun folgt die Phase der Ausbreitung. In Zugreihenfolge darf jeder Kultist eine neue Scheibe auf ein Gebäude legen, zu dem er eine direkte Verbindung hat. Dazu muss er die auf dem Gebäude angegebenen Ressourcen abgeben (=bezahlen). Die darauf folgende Angriffsphase findet nur in den Runden statt, in denen ein blauer Angriffsmarker auf dem Kalender liegt. In diesem Fall wird die zuerst die Ereigniskarte aufgedeckt und ausgeführt, danach die Ermittlerkarte. Ist die Stärke des Kultisten (Summe sämtlicher Modifikationen) größer als die Stärke des Ermittlers, erhält der Spieler eine Belohnung. Ist er schwächer als der Ermittler folgt eine Bestrafung (z.B. der Verlust Geistiger Gesundheit, Verlust von Ressourcen, Verlust eines besetzten Gebäudes).

Zum Abschluss einer Runde wird der weiße Zeitanzeiger auf dem Kalender ein Feld weiterbewegt und die Runde ist abgeschlossen. Das Spiel endet nach der zwölften Runde. Der Kultist mit den meisten Siegpunkten hat dann gewonnen.

Meinung:

Nach der Ablaufbeschreibung weckt Kingsport Festival spontan Assoziationen an ein inverses Arkham Horror, aber wer das denkt, sieht sich nach der ersten Partie total getäuscht. Denn bis auf das Lovecraft´sche Thema haben diese beiden Brettspiele wenig gemein. Kingsport Festival erinnert hinsichtlich der Spielmechanismen vielmehr extrem an Kingsburg vom Heidelberger Spieleverlag. Wirft man einen Blick auf die Autoren, ist das keine große Überraschung, denn Andrea Chiarvesio ist der Schöpfer von besagtem Kingsburg. Und funktionierende Ideen bei sich selbst zu „klauen“ ist nun wirklich keine Schande. In der Musik ist das schließlich auch gang und gebe (Beispiel Heavy Metal: Running Wild, King Diamond, Axel Rudi Pell u.v.m. Beispiel Pop: Modern Talking, wo jeder Song gleich (beschissen) geklungen hat, lach).

Aber zurück zu Kingsport Festival und dem Genre der Brettspiele. Die wichtigste Frage lautet natürlich: macht das Ganze Spaß? Besonders, nachdem es mit Kingsburg eine „Vorlage“ mit sehr ähnlichem Mechanismus gibt? Antwort: ja, definitiv! Kingsport Festival ist klasse und macht einen Heidenspaß. Natürlich dürften speziell die Freunde von Lovecraft und Kingsburg begeistert sein, und der Verfasser dieser Rezension outet sich an dieser Stelle vorbehaltlos als ein Fan des Cthulhu-Mythos und des Spielprinzips von Kingsburg. Wobei das Beschwören von Großen Alten sogar noch mehr Spaß macht als das Bestechen von Personen, grins.

Die Aufmachung und Illustration von Kingsport Festival ist vom feinsten. Das Flair reicht fast an Arkham Horror heran, und die Grafik ist schlichtweg großartig. Auf der Rückseite der Großen Alten Tafeln findet der geneigte Spieler außerdem eine kurze und informative Zusammenfassung über den jeweiligen Gott bzw. das Ältere Wesen. Insofern ist Kingsport Festival auch eine gute Einstimmung in die literarische Welt von Howard Phillips Lovecraft und dem genialen Cthulhu-Universum. Wer ein Fan von klassischem Horror ist, kommt bei diesem Spiel voll auf seine Kosten. Sowohl was das spielerische Element betrifft als auch das atmosphärische Charisma. Kingsport Festival ist vom Kosmos Verlag für Spieler ab 13 Jahren empfohlen. Aus spielerischer Sicht ist diese Altersempfehlung vielleicht sogar ein bisschen zu hoch angesiedelt. Nach ein paar Partien können sicherlich auch pfiffige „Vielspieler-Kinder“ ab zehn oder elf Jahren mithalten. Die Empfehlung des Verlags basiert wohl eher auf dem schauerlichen Thema, und diesbezüglich ist die Angabe auch durchaus nachvollziehbar. Unterm Strich werden aber alle Spielertypen mit einem Faible für Horror angesprochen, und weit über 90% dürften von Kingsport Festival auch begeistert sein.

Fazit:

klare Weiterempfehlung!

Funkenschlag



Verlag: 2F Spiele
Autor: Friedemann Friese
Spieleranzahl: 2 - 6
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: ca. 120 Minuten


Einleitung:

Nachdem ich in den letzten Ausgaben des Streetcleaner Magazins etliche Neuheiten aus der Brettspiel-Szene vorgestellt hatte, gingen einige Anfragen zu Rezensionen „älterer“ Spiele ein. Diese Anregungen habe ich gerne aufgenommen und freue mich nun, den Lesern das Wirtschaftsstrategiespiel Funkenschlag vorstellen zu dürfen. Dieser Klassiker der Moderne feierte bereits sein zehnjähriges Jubiläum, zu dem wir an dieser Stelle herzlich gratulieren. Thematik des Spiels ist der Ausbau verbundener Stromnetze mit Städten, deren Erträge von der Versorgung durch Kraftwerke abhängen. Mit dem finanziellen Gewinn einer jeden Runde investieren die Spieler wiederum in neue Kraftwerke oder in den Ausbau des Stromnetzes zur Versorgung weiterer Städte, doch je höher die Anzahl an Städten, desto höher sind die Anforderungen zur Versorgung durch die Kraftwerke.

Ablauf:

Zu Beginn einer Partie wird der Spielplan in die Mitte gelegt, und jeder Spieler erhält seine Holzhäuschen (=Städte) sowie ein Startkapital in Höhe von 50 Elektro (=Geld). Anschließend werden die Felder des Rohstoffmarkts bestückt. Als Ressourcen stehen Kohle, Öl, Müll und Uran zur Verfügung. Die Kosten und die Verteilung dieser Kraftwerk-Ressourcen sind unterschiedlich hoch.

Funkenschlag verläuft über mehrere Spielrunden, die in fünf Phasen unterteilt sind. In der ersten Phase wird die Reihenfolge festgelegt. Der Spieler mit den meisten Städten wird Startspieler, danach folgen die Mitspieler gemäß ihrer Städteanzahl. In der nächsten Phase kommen Kraftwerke zur Auktion und können ersteigert werden. Auf jedem Kraftwerk sind die Kosten sowie die benötigten Ressourcen für die Versorgung einer bestimmten Anzahl von Städten angegeben. Sobald ein Kraftwerk von einem Spieler gekauft wurde, wird ein neues Kraftwerk nachgelegt und steht den verbliebenen Mitspielern zum Ersteigern zur Verfügung. Beginnend mit dem aktuell schlechtesten Spieler dürfen die Konzerninhaber nun Rohstoffe kaufen. Dabei ist zu beachten, dass die Rohstoffe in der Regel von Spieler zu Spieler teuerer werden. Es folgt die Bauphase, in der wiederum der schlechteste Spieler beginnt. Hier dürfen die Spieler Städte ausbauen indem sie ihre Holzhäuschen auf dem Spielplan platzieren. Der Ausbau des Stromnetzes bzw. das Ausbauen weiterer Städte erfordert den Anschluss an bereits errichtetet Gebäude. Sowohl für den Städteausbau als auch für die Infrastruktur fallen Kosten an. In der letzten Phase einer Runde (Bürokratie) wird zunächst überprüft, wie viele Städte jeder Spieler angeschlossen hat und wie viele dieser Städte mit Strom versorgt werden. Entsprechend der Anzahl an versorgten Städten gibt es eine Auszahlung gemäß einer Übersichtskarte.

Anschließend beginnt die nächste Runde mit dem Auffüllen der Ressourcenrohstoffe in Phase 1, und anschließend werden die weiteren Phasen wie beschrieben durchgespielt. Funkenschlag endet, sobald in Phase 4 einer oder mehrere Spieler eine bestimmte Anzahl von Städten an ihr eigenes Stromnetz angeschlossen haben. Die Anzahl der erforderlichen Städte hängt von der Spielerzahl ab. Der Spieler, der in Phase 5 die meisten eigenen Städte mit Strom versorgt, hat dann gewonnen.

Meinung:

Wenn ein Brettspiel nach zehn Jahren unvermindert beliebt ist, dann muss das einen Grund haben. Und der Grund bei Funkenschlag ist ganz einfach: das Spiel ist schlichtweg geil. Die Mechanismen sind zeitlos-genial und funktionieren in jeder Besetzung. Wobei eine größere Spielerzahl (vier bis sechs Personen) schon anzuraten ist, denn hier kommen sich die Spieler beim Städtebau mehr in die Quere, was gleichzeitig den ohnehin großartigen Spielspaß noch mehr steigert. Und der Spaß ist schließlich das Wichtigste bei einem Spiel.

Funkenschlag ist anspruchsvoll aber nicht unnötig kompliziert. De facto läuft jede Runde nach dem gleichen Schema ab, aber trotzdem müssen die Spieler beim Kraftwerk-Ersteigern aufpassen und vor allem den Städteausbau gut im Auge behalten. Denn das Schlimmste, was einem passieren kann, ist, das man von den Mitspielern abgeschnitten wird und deshalb unnötig viel Geld in die Infrastruktur stecken muss. Ein solcher monetärer Nachteil ist nur schwer aufzuholen. Der andere wichtige Faktor beim Städteausbau ist die Spielerreihenfolge der nächsten Runde. Als Startspieler hat man es nicht leicht. Vor allem die hohen Ressourcenkosten zur Versorgung der Kraftwerke werfen den Startspieler finanziell oft zurück. Wohl dem, der ein grünes Kraftwerk besitzt, welches Städte ohne jegliche Rohstoffe versorgt. Aber auch Atomkraftwerke können sehr effektiv sein, sofern die Mitspieler nicht auch auf Atomkraft setzen. Dann wird es nämlich teuer, denn Uran wird nur minimal nachgefüllt und ist ohnehin die kostspieligste Ressource.

Insofern lohnt es sich auch auf jeden Fall, die Mitspieler genauestens zu beobachten. Das gilt wohlgemerkt für alle Phasen, aber insbesondere für die Bauphase. Taktisch empfiehlt es sich, in den meisten Runden hinten zu sein, um günstigere Preise beim Ressourcenkauf zu bekommen. Bei dieser Strategie ist aber zu beachten, dass man nicht allzu weit ins Hintertreffen gerät. Eine Stadt weniger als die Mitspieler ist ideal. Durch den Preisvorteil beim Rohstoffkauf kann ggf. auch ein bisschen Geld angespart werden, um irgendwann völlig unerwartet zum finalen Schlag anzusetzen. Paradekonstellation: mit elf oder zwölf Städten hinten sein, und dann in seinem Zug gleich vier Städte ausbauen, wobei die Versorgung natürlich gewährleistet sein muss. Theoretisch hört sich das Alles nicht unbedingt spektakulär an, aber in der Praxis macht das Spiel inkl. Belauern der Konkurrenten einen Heidenspaß.

Gibt es bei soviel Lob eigentlich auch Kritikpunkte? Spielerisch nicht. Höchstens die Optik ist ein bisschen zu bemängeln, denn ein Augenschmaus ist Funkenschlag sicherlich nicht. Dafür ist das Spielgefühl vom feinsten, und deshalb kann das Spiel auch ohne jegliche Abstriche wärmstens weiterempfohlen werden.

Fazit:

Was bleibt zu resümieren? Funkenschlag ist ein bockstarkes Wirtschafts-Aufbaubaustrategiespiel, das jedem Vielspieler ans Herz gelegt werden kann. Das Spiel hat Tiefe, ist anspruchsvoll ohne dabei verkompliziert zu sein und macht tierisch Spaß. Spielerherz – was willst Du mehr?

Sonntag, 21. Juni 2015

Bora Bora

 
Verlag: Alea / Ravensburger
Autor: Stefan Feld
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: ca. 90 Minuten


Einleitung:

Bora Bora entführt die Spieler in die Südsee, wo sie auf der Inselwelt Hütten errichten und mit Männern und Frauen besiedeln. Doch auch die Religion kommt nicht zu kurz. Priester werden in die Tempel entsandt, und mit Opfergaben können die Götter besänftigt werden.

Ablauf:

Nachdem der Spielplan aufgebaut wurde, erhalten die Spieler ihre persönlichen Spielutensilien (Würfel, Hütten, Bauplättchen, Priester, Götterkarten, Opfergaben, ein Hauptgott-Plättchen) sowie ein Tableau in der Farbe seiner Wahl. Gemäß der ausgelosten Zugreihenfolge setzen die Spieler nun eine Hütte auf einen Bauplatz des Inselgebiets. Bora Bora verläuft in sechs Durchgängen mit jeweils drei Phasen:

  • Würfel einsetzen und Aktionen ausführen
  • Mann und Frau nutzen
  • Rechte Spielplanhälfte abhandeln

Neben dem Spielplan liegen Aktionskarten aus. Der Startspieler setzt einen seiner Würfel auf ein Aktionsfeld und führt die dazugehörige Aktion sofort aus. Anschließend platziert der nächste Spieler einen Würfel. Möchte er dasselbe Aktionsfeld nutzen, muss die Würfelzahl kleiner sein als der gesetzte Würfel des Mitspielers. Mittels der Aktionskarten sind diverse Aktionen möglich. Beim Ausbreiten darf der aktive Spieler eine Hütte von seinem Tableau auf die Insel versetzen und erhält dafür einen Rohstoff oder eine Opfergabe. Weiterhin besteht die Möglichkeit, ein Männer- oder Frauenplättchen zu nehmen und auf das eigene Tableau zu legen. Die Männer können tätowiert werden und die Frauen sammeln Muscheln ein. Weitere Auswahlmöglichkeiten sind das Nehmen von Opfergaben oder Götterkarten, das Setzen von Priestern auf die Tempelleiste, das Verbauen eigener Bauplättchen oder das Versetzen von Hütten innerhalb des eigenen Tableaus.

In der zweiten Phase können die Spieler eine ihre Männerarten und(oder Frauenarten nutzen. Die darauf resultierenden Aktionen richten sich nach der Art der genutzten Person. In der Regel entsprechen diese Alternativen den Möglichkeiten der ersten Phase (also wieder Ausbreiten, Hütten versetzen etc.).

Last not least wird in der dritten Phase die rechte Spielplanhälfte abgehandelt. Dabei werden Siegpunkte vergeben, Schmuckplättchen gekauft und Aufgabenplättchen erfüllt. Es folgt der nächste Durchgang, wobei der neue Startspieler nach der Position der Statusleiste ermittelt wird.

Das Spiel endet nach dem sechsten Durchgang. Jetzt kann jeder Spieler noch seine verbliebenen Aufgabenplättchen erfüllen und es folgt die Schlusswertung. Hierbei werden noch Sonderpunkte für diverse Voraussetzungen vergeben (z.B. für jeden ungenutzten Hauptgott, für sechs erworbene Schmuckplättchen, für vollständig verbaute Bauplättchen usw.). Der Spieler mit den meisten Siegpunkten hat dann gewonnen.

Meinung:

Die Kombination aus Stefan Feld (Autor) und Alea (Verlag) hält, was sie verspricht, nämlich erstklassige Strategiespielunterhaltung für ambitionierte Vielspieler. Wie so oft bei Stefan Feld Spielen sind die Mechanismen miteinander verbunden und ermöglichen diverse Folgeaktionen, was im Idealfall zu einer kleinen Kettenreaktion führt. Hilfreich sind hierbei vor allem die Götterkarten, die auf keinen Fall unterschätzt werden sollten. Andererseits darf auch nicht zu viel Augenmerk darauf gerichtet werden, da die Beschaffung einerseits Aktionspunkte kostet und zum anderen Göttergaben voraussetzt, die ebenfalls erst beschafft werden müssen. Eine ausgewogene und wohl geplante Strategie ist demzufolge die Basis für die sinnvolle Nutzung der Karten.

Das Ausbreiten auf der Inselwelt kann viele Siegpunkte bringen, sofern die Mitspieler gut im Auge behalten werden. Denn ruckzuck ist man gegen Ende von den ertragreichsten Fischschwärmen verbannt und ärgert sich über die Konkurrenten, die einfach ein besseres Timing bewiesen haben. Apropos Timing: vor allem in den letzten beiden Durchgängen bringt die Mehrheit von Priestern im Tempel massive Vorteile und Siegpunkte. Generell sollte also darauf geachtet werden, mit den eigenen Priestern nicht gerade auf der 1 oder 2 zu stehen, denn dann ist definitiv davon auszugehen, dass die Mitspieler diese Priester rausschmeißen und selbst den lukrativen Platz einnehmen.

Bora Bora erscheint beim ersten Durchlesen der Spielanleitung ziemlich komplex und leicht überladen. Doch sobald die Regeln und Mechanismen verinnerlicht wurden, spielt sich das Spiel flüssig und problemlos, zumal die Anleitung hervorragend strukturiert ist und keine Fragen offen lässt. Allerdings wirkt sich das nicht auf die Spieldauer aus, die bei allen Testspielen deutlich über der veranschlagten Zeit der Schachtelangabe lag. Und das ist auch gut so. Schließlich ist Bora Bora ein Spiel für erfahrene Vielspieler, und diese grübeln bekanntlich gerne mal länger über einen Spielzug nach (der Verfasser dieser Rezension gehört übrigens selbst dieser Spezies an, grins).

Alles in allem lässt sich festhalten, dass Bora Bora exzellenten Spielspaß bietet und hundertprozentig weiterempfohlen werden kann. Gibt es nach dieser (verdienten) Lobeshymne eigentlich einen Kritikpunkt? Eigentlich nicht. Höchstens die Aufgabenkarten sind ein bisschen zu bemängeln. Denn beim Schwierigkeitsgrad zum Erfüllen der Aufgaben gibt es schon teilweise erhebliche Unterschiede. Manche Karten wie beispielsweise „fünf Muscheln“ sind relativ einfach zu lösen, während die Spieler bei der Vorgabe verschiedener Personen schlichtweg auf die ausliegenden Männer- und Frauenkarten angewiesen sind. Und sofern die vorgegebenen Personen nicht ausliegen, ist die Erfüllung einfach unmöglich. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Schließlich gibt es beispielsweise auch bei Agricola eklatante Unterschiede bei Ausbildungen und/oder kleinen Anschaffungen, und bislang hat sich kein Spieler groß darüber mokiert.

Damit nicht alle Rezensionen stilistisch ähnlich klingen, wird im nachfolgenden Fazit ein alter Schlager von Tony Holiday textlich umgearbeitet und auf die Melodie umgeschrieben (lach).

Fazit:

Spiele Bora mit mir
Bora Bora die ganze Nacht
Spiele Bora mit mir
Weil Bora Bora uns glücklich macht
Spiele, Spiele, Spielerei
Morgen ist sie vielleicht vorbei
Spiele Bora mit mir
Bora Bora die ganze Nacht