Dienstag, 13. Oktober 2015

My Village



Verlag: Eggertspiele / Pegasus
Autor: Inka Brand / Markus Brand
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 60 - 90 Minuten


Einleitung:

Mit My Village schlägt das Autorenduo Inka und Markus Brand ein neues Kapitel in der Dorfchronik auf. In dieser Veröffentlichung führt jeder Spieler sein eigenes Dorf zu Ruhm und Ehre, indem er es sukzessive mit unterschiedlichen Anbauten erweitert. Doch wie beim „älteren Bruder“ Village verrinnt auch hier die Zeit unerbittlich, und so sterben immer wieder die Dorfbewohner, die jedoch Voraussetzungen für die Aktivierungen der weißen Banner sind. Nur wer sein Dorf optimal ausbaut und gleichzeitig das Zeitmanagement im Auge behält, wird am Ende als Sieger hervorgehen und einen glorreichen Platz in der My Village Chronik einnehmen.

Ablauf:

Zunächst wird der Zentralplan in die Mitte gelegt und mit der Ratte sowie dem grauen Rattenwürfel bestückt. Anschließend erhält jeder Spieler seinen Dorfplan. Dieser Plan ist in vier Orte und sechs Bereiche untergliedert. Das Oberhaupt jeder Familie startet im Haupthaus und kann in späteren Zügen auf dem Weg weitergezogen werden. Sonstige Orte des Plans sind die Münzscheune für die Geldmarker, die Schule für den Nachwuchs, und der Geschichtenbaum für die Geschichten-Punkte. Die an den beiden Seiten angesiedelten Bereiche unterteilen sich in Religionsbereich, Ratsbereich, Erntebereich, Reisebereich, Handwerksbereich und Marktbereich. Mit Ausnahme des Erntebereichs müssen für alle Berufsbereiche die entsprechenden Dorfbewohner anwesend sein, um die jeweiligen Aktionen ermöglichen/nutzen zu können.

Rund um den Zentralplan werden alle weiteren benötigten Utensilien platziert. Die wichtigsten Materialien sind die unterschiedlichen Karten für die dazugehörigen Berufsbereiche. Folgende Kartenarten liegen aus: Kirchenkarten, Rathauskarten, Versammlungsplatz-Karten, Mönchskarten, Kornfeldkarten, Kundenkarten, Reisekarten und Handwerksgebäude-Karten. Jede Karte besitzt eine dunkel umrandete und eine hell umrandete Seite. Die ausliegenden Karten zeigen die dunkel umrandete Seite. Lediglich die obersten sechs Kundenkarten werden auf die helle Seite gedreht und offen ausgelegt. Abhängig von der Seite zeigen die Karten ein dunkles oder ein helles Banner mit einer Zahl darauf. Das ist der Bannerwert. Weiterhin abgebildet sind die Kosten für die Aktivierung der Karte sowie die dazugehörige Aktion/Belohnung.

Jede Runde My Village besteht aus einer Vorbereitungs- und einer Aktionsphase. In der Vorbereitungsphase legt der Startspieler einen Geschichten-Punkt auf die Handinnenfläche der Startspieler-Hand. Anschließend würfelt er mit allen weißen und schwarzen Würfeln. Die geworfenen Würfelt bilden den Würfel-Pool für die Aktionsphase dieser Runde. Nun wählt der aktive Spieler zwei Würfel aus dem Pool aus und bildet damit seinen Bannerwert. Gegen Abgabe einer Münze kann eine Augenzahl um einen Wert verändert werden. Schwarze Würfel sind Pestwürfel, die jeweils zwei Zeit kosten. Nach der Erstellung des Bannerwerts kann der Spieler ein schwarzes Banner mit diesem bannerwert aktivieren oder mehrere weiße Banner des Dorfs mit diesem Bannerwert. Alternativ kann das schwarze ?-Banner des Dorfs aktiviert werden, um das Oberhaupt einen Schritt auf dem Weg zu bewegen. Je nach Zielposition der Oberhauptfigur erhält der Spieler eine Münze, drei Geschichten-Punkte oder er sichert die Geschichten-Punkte des Geschichtenbaums im Haupthaus. Am Ende zählen nur die gesicherten Punkte als Siegpunkte.

Wenn ein Spieler ein schwarzes Banner einer Karte der allgemeinen Auslage aktiviert, kauft er diese Karte, führt den Effekt aus und legt sie umgedreht mit der hellen Seite an den dazugehörigen Bereich seines Dorfs an. Auf diese Weise erwirbt der Spieler Karten, die später mit den weißen Banners Vorteile bringen. Aktiviert der Spieler ein oder mehrere weiße Banner von Karten seines Dorfs, kann er die dazugehörige Aktion ausführen bzw. die Vorteile erhalten (z.B. Erwerb von Gütern wie Pferd, Pflug etc. oder die Bedienung von Kundenkarten usw.). Durch Aktivierung des schwarzen Banners der Startspieler-Hand erhält der Spieler alle darauf liegenden Geschichten-Punkte und wird Startspieler der nächsten Runde. Mittels Aktivierung des Schulbanners kann der Spieler Nachwuchs in die Schule stellen oder einen ausgebildeten Sprössling von der Schule ins Dorf umschichten (als Nachfolger eines gestorbenen Dorfbewohners).

Last not least wird nun geprüft, ob ein Dorfbewohner stirbt. Überquert der Zeitmarker die Brücke der Zeitleiste, muss der Spieler einen Dorfbewohner sterbe lassen. Tote Dorfbewohner kommen in einen Dorfchronik-Sarg oder in ein anonymes Grab. Abhängig von der Position erhält der Spieler dann ggf. Geschichten-Punkte. Das Spiel endet, sobald eine spielerabhängige Anzahl von Dorfbewohnern gestorben ist. Zum Ende dieser Runde werden sämtliche Bereiche des Dorfs sowie alle erspielten Siegpunkte ausgewertet bzw. addiert. Der Spieler mit den meisten Punkten hat dann gewonnen.

Meinung:

Die erste Frage, die sich die meisten Village-Fans stellen dürften, ist: handelt es sich bei My Village um eine Erweiterung zum Kennerspiel des Jahres 2012 oder ist es ein eigenständiges Spiel mit neuen Mechanismen? Antwort: My Village ist ein eigenständiges Spiel, das zwar thematisch an Village anknüpft aber mechanisch andere Spielprinzipien bedient. Der Kernmechanismus des Spiels ist der Würfeleinsatz zur Bildung des Bannerwerts, der ausschlaggebend für die Aktionsphase ist. Einige Spieler werden nun befürchten, dass My Village aufgrund des Würfeleinsatzes einen hohen Glücksfaktor innehat, doch dieser These ist nur bedingt zuzustimmen. Sicherlich ist ein kleiner Glücksanteil nicht von der Hand zu weisen, aber schließlich kann ein Würfelergebnis auch modifiziert werden. Entweder durch Zahlung von Münzen oder durch eine Versammlungsplatz-Karte. Insofern ist der Glücksfaktor von My Village auch nicht größer als bei Die Burgen von Burgund, das bekanntermaßen ein zeitloser Favorit von etlichen Vielspielern ist.

Und genau dieses Klientel wird auch von My Village angesprochen. My Village ist definitiv ein Kenner- und Vielspielerspiel, das die kleinen grauen Zellen ganz schön fordert. Ein sinnvoller Ausbau des eigenen Dorfs ist unumgänglich, um gegen starke Gegner eine  Chance zu haben. Dabei stellt sich aber sogleich die Grundsatzfrage, ob man auf möglichst viele gleiche Bannerwerte setzt oder die Werte der Gebäude splittet, um nicht von bestimmten Würfelkombinationen abhängig zu sein. Fakt ist, dass mehrere gleiche Bannerwerte viele Vorteile bieten. Beispiel: ein Spieler besitzt das Gildenrathaus und hat bereits einige Kundenkarten in seinem Marktbereich liegen. Durch Bildung des Bannerwerts 3 kann er nun ein Joker-Gut in Besitz nehmen, ggf. mehrere Kundenkarten bedienen und zusätzlich Nachwuchs in die Schule schicken. Grundsätzlich ist das eine tolle Konstellation, aber der Nachteil ist, dass man von kleinen Zahlen abhängig ist. Eine gute Balance aus mindestens zwei bis drei identischen Bannerwerten im eigenen Dorf ist sicherlich zu empfehlen, um im eigenen Zug genügend Auswahlmöglichkeiten zu haben, wenn der Spieler mehrere weiße Banner aktivieren will.

Apropos Auswahlmöglichkeiten: My Village bietet seinen Protagonisten etliche Optionen, die eigentlich allesamt reizvoll und vielversprechend sind. Doch der Spieler muss sich nun mal für eine Möglichkeit entscheiden und hat damit die Qual der Wahl. In den Testrunden hat sich kein Königsweg herauskristallisiert. Eine breit aufgestellte Spielerin und ein extrem auf Kundenkarten spezialisierter Kollege waren am Schluss gerade mal zwei Punkte auseinander. Und diese perfekt ausbalancierte Aktionenvielfalt bietet den Spielern großartigen Spielspaß mit einem hohen Wiederspielreiz.

My Village ist schlichtweg ein hervorragendes Brettspiel geworden, das ohne Wenn und Aber weiterempfohlen werden kann. Fans des Village-Spiels sind genauso wie alle Vielspieler restlos begeistert. Was die Komplexität des Spiels angeht, waren sich die Tester etwas uneins. Während die eine Hälfte das Spiel als sehr anspruchsvoll empfand, ging der anderen Hälfte das Spielprinzip locker-flüssig von der Hand. Entscheidend ist auf jeden Fall das Verständnis des Einsatzes der universellen schwarzen Holzmarker. Denn im Gegensatz zu Village gibt es bei My Village keine Münzen, Güterplättchen, Familienmitglieder etc. Alle Faktoren werden durch die Universalmarker abgedeckt, was My Village hinsichtlich des Handlings zunächst gewöhnungsbedürftig macht. Aber keine Angst … nach ein paar Runden hat sich das Spielprinzip verinnerlicht, und dann bereitet die Übersicht auch keine Probleme mehr.

Fazit:

Mit My Village ist dem Ehepaar Brand abermals ein ganz großer Wurf geglückt. Das Spiel ist abwechslungsreich, anspruchsvoll, spannend, vielfältig und macht tierisch viel Spaß. My Village bietet noch mehr Facetten als Village, und diese Vielfalt ist schlichtweg genial. Alle Vielspieler können bedenkenlos zuschlagen und sich dieses Meisterwerk sogar „blind“ kaufen.

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